Kompakte Einsteiger-Systemkamera

Testbericht: Olympus Pen E-PL9

2018-05-07 Die Olympus Pen-Serie war die erste spiegellose Systemkamera, die sich vom Design an der langlebigen analogen Pen Kameraserie (1959 bis 1983) von Olympus orientiert. Allerdings steckt heute deutlich mehr Technologie in den Kameras als bei den ehrwürdigen analogen Vorgängern. Die achte Generation der Kamera ist zugleich die jüngste und trägt die Bezeichnung E-PL9. Grund dafür ist, dass es keine E-PL4 gab. Wie ihre Vorgänger will auch die Pen E-PL9 die Brücke zwischen einfacher Einsteiger-Systemkamera und Werkzeug für ambitioniertere Fotografen sein. Ob die Kamera das bewerkstelligen kann, zeigt dieser Test.  (Harm-Diercks Gronewold)

Ergonomie und Verarbeitung

Der Retrostil bei digitalen Kameras wurde maßgeblich von Olympus forciert und traf genau den Geschmack der Kunden. Heute bietet neben Olympus auch Fujifilm edle Systemkameras im Retrodesign an. Die Pen E-PL9 gehört ebenfalls zu den Vertretern dieses Design-”Rückschritts”. Mit eleganten Linien und einem klaren, funktionsorientierten Design ist die Kamera einfach edel. Angeboten wird sie in drei verschiedenen Farbvarianten: mit silbernem Gehäuse und weißer "Belederung" beziehungsweise bronzenem Gehäuse und brauner "Belederung" spricht sie eher den Lifestyle-Liebhaber an, die silberne Kamera mit schwarzer "Belederung" hegt hingegen den puren Retrostil. Das Gehäuse macht zwar einen angenehm schweren Eindruck, aber der Fotograf sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass es sich um eine Metallaußenhaut handelt, denn sie besteht aus Kunststoff. Etwas kurios erschien uns der deutliche farbliche Unterschied zwischen der Kamera und dem Set-Objektiv M.Zuiko Digital ED 14-42mm F3.5-5.6 EZ. Während die Kamera eher einen warmen Farbton aufweist, ist die silberne Farbe des Objektivs eher bläulich kühl.

Die "Belederung" besteht zwar nicht aus echtem Leder, macht aber einen haptisch hochwertigen Eindruck und ist sauber auf dem Kunststoffgehäuse verklebt. Der Handgriff der Kamera ist ebenfalls "beledert" und etwas größer als der des Vorgängers E-PL8. Dadurch lässt sich die E-PL9 recht angenehm greifen, auch wenn größere Hände durchaus erst den richtigen "Anfasspunkt" finden müssen. Eine Einhandbedienung, so verlockend die Idee auch klingen mag, ist trotz des guten Griffs nicht empfehlenswert. Wie bei allen System- und Spiegelreflexkameras gehört die zweite Hand zur Stabilisierung unter die Kamera oder an das Objektiv zur Einstellung des Zoom- oder Fokusrings.

Die Anordnung der Bedienelemente ist auf die schnelle Erreichbarkeit der Knöpfe und Wahlräder ausgelegt. Auf der Oberseite befindet sich der Auslöser. Um ihn herum ist ein angenehm griffiges Metall-Drehrad platziert, mit dem der Fotograf durch die Menüs navigieren kann oder Aufnahmeeinstellungen, wie zum Beispiel Zeit oder Blende, ändert. Links daneben ist das erfreulich straffe Moduswahlrad für die verschiedenen Betriebsarten platziert, wodurch weniger die Gefahr besteht, versehentlich den Aufnahmemodus zu ändern.

Außerhalb der Mitte, aber auf Höhe der optischen Achse ist der Blitzschuh für TTL-Blitzgeräte untergebracht. Der bei der E-PL8 noch vorhandene "Accessory-Port" für den Anschluss bestimmter Olympus-Zubehörteile hat hingegen offensichtlich ausgedient, er wurde bei der E-PL9 leider wegrationalisiert. Somit fällt die Möglichkeit flach, einen externen elektronischen Sucher aufzustecken. Dafür wurde ein ausklappbarer Blitz integriert. Auch wenn er recht gut platziert ist, sollte man darauf achten, seine Finger unter oder seitlich am Objektiv zu behalten und nicht direkt unter oder vor den Blitz zu platzieren.

Die Rückseite wird von dem 7,5 Zentimeter großen Touchscreen dominiert. Er lässt sich um 90 Grad nach oben und für Selfies um 180 Grad nach unten klappen. Auch wenn das nach unten geklappte Display auf den ersten Blick seltsam aussieht, so ist es doch für Selfies die ideale Position, da nichts (wie beispielsweise der ausgeklappte Blitz) den Blick auf das Display verwehrt. Es besitzt ein Seitenverhältnis von 3:2 und löst mit etwa 1,04 Millionen Bildpunkten auf. Damit unterscheidet es sich nicht vom Display der E-PL7 oder E-PL8. Mit einer Helligkeit von maximal 790 cd/m² lässt sich der Bildschirm übrigens auch bei Sonnenschein gut ablesen.

Die Touchfunktion des Monitors ist präzise und geht leicht von der Hand. Per Grundeinstellung ist der Touchscreen allerdings nur für Autofokusfunktionen zuständig. Damit Aufnahmeeinstellungen per Touchscreen geändert werden können, muss erst in einem Untermenüpunkt des Hauptmenüs das sogenannte “Super Control Panel” (SCP) aktiviert werden, und auch dann bleibt die Bedienung der Kamera ein bunte Mischung aus Touch-, Tasten- und Wahlradbedienung. Warum Olympus den Touchscreen nicht vollständig in die Bedienung integriert hat, ist unverständlich, besonders, weil andere Hersteller mit der vollen Integration in das Bedienkonzept keine Probleme haben. Dadurch wird leider das Potential einer modernen Bedienung für junge Fotografen verschenkt, auch wenn man sich an die Mischbedienung gewöhnen kann. 

Neben dem Display sind verschiedene Funktionstasten platziert. Diese erlauben einen schnellen Zugriff auf den Auslöser für die Videoaufzeichnung und Menüfunktionen, der Multiselektor dient nicht nur zur Menünavigation, sondern bietet auch Direktzugriffe zur schnellen Funktionsauswahl. Außerdem befindet sich oben rechts eine kleine Daumenauflage, die für einen verbesserten Halt der Kamera sorgt und zudem die Tasten vor versehentlicher Betätigung schützt. Über diesem "Daumenbett" befindet sich die kombinierte FN/Lupentaste. Diese Funktionstaste lässt sich im Konfigurationsmenü mit verschiedenen Funktionen belegen, so dass der Fotograf sich die Kamera für die eigene Arbeitsweise anpassen kann.

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Das 1/4-Zoll-Stativgewinde befindet sich an der Kameraunterseite in der optischen Achse, sitzt aber sehr weit vorne. Das ist auf der einen Seite gut für die Stabilität, auf der anderen Seite aber schlecht, weil eine Stativ-Schnellwechselplatte unter Umständen sehr weit heraussteht und dadurch mit voluminösen Objektiven ins Gehege kommen kann. Außerdem ist der Abstand von der Akkufachklappe zum Stativgewinde gering. Die Schnellwechselplatte eines Stativs sollte nicht breiter als 42 mm sein, damit sich die Klappe noch bequem öffnen lässt, ohne dass man die Schnellwechselplatte bei einem Akku- oder Speicherkartenwechsel demontieren muss. Apropos Speicherkarte: Die Pen E-PL9 verwendet Speicherkarten mit SD-Formfaktor bis zum UHS-I-Standard. UHS-II-Karten werden zwar auch akzeptiert, bringen aber keinen Geschwindigkeitsvorteil. Wichtig werden schnelle Karten erst bei Serienbildaufnahmen und 4K-Videoaufzeichnungen.

Wie jede aktuelle Kamera besitzt auch die Pen E-PL9 eine HDMI-Schnittstelle (Mini HDMI) sowie eine USB-Schnittstelle (USB 2.0). Zu finden sind die Schnittstellen unter einer weichen Kunststoffabdeckung auf der rechten Seite der Kamera. Leider lässt sich der USB-Anschluss nur für die Datenübertragung (und zur Fernauslösung mit entsprechendem Zubehör) einsetzen, eine Stromversorgung oder die Aufladung des Akkus über die Schnittstelle ist leider nicht möglich. Auch sonst sieht es mager aus mit dem Anschluss eines Netzteils. Zwar besitzt die Pen E-PL9 eine Kabeldurchführung in der Akkufachklappe, aber es gibt weder ein Netzteil noch einen Akkufachadapter zu der Kamera, jedenfalls nicht von Olympus selbst.

Fortsetzung auf Seite 2

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