Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Panasonic Lumix DMC-G3

2011-08-10 Panasonic preist die Lumix DMC-G3 als die derzeit "kleinste und leichteste Kompakt-Systemkamera mit integriertem elektronischem Sucher" an und macht damit unmissverständlich klar: Die dritte Auflage der G-Serie hat ein völlig neues Gehäuse bekommen. Aber auch unter der Haube hat sich einiges getan: Die Sensorauflösung beträgt nun 16 Megapixel anstelle zwölf Megapixel wie bei der Vorgängerin G2. Dennoch verspricht Panasonic, dass das Rauschniveau gegenüber der G2 um bis 66 Prozent verbessert wurde. Ob die G3 dieses Versprechen halten kann, musste sie auf einem harten Parcours im Testlabor von digitalkamera.de unter Beweis stellen. Außerdem sind wir im ausführlichen Praxiseinsatz der Frage nachgegangen, wie es um die Ergonomie und Ausstattung der G3 bestellt ist.  (Martin Vieten)

Inhaltsverzeichnis

  1. Technische Daten

Ergonomie und Verarbeitung Bislang wirkte die Lumix-G-Serie immer ein wenig, als habe Panasonic eine herkömmliche DSLR zu heiß gewaschen. Durchaus kompakt und griffig, aber eben auch etwas klobig. Der G3 hat die Design-Abteilung von Panasonic nun ein fast schon elegantes Kleid auf den Leib geschneidert. Die Kamera ist deutlich schlanker geraten als ihre beiden Vorgängerinnen, auch weil deren wuchtiger Griff weichen musste. Doch so richtig schick will auch die neue Hülle – jetzt übrigens weitgehend aus Aluminium – nicht wirken. Dazu weist sie zu viele Wölbungen, Rillen und Sicken auf – und vor allem spürbar Plastik an der Griffwulst und der Daumenauflage. Trotz der Schlankheitskur verlangt also die G3 weiterhin nach einer eigenen Fototasche. Mit angesetztem Setobjektiv 14-42 Millimeter ist sie selbst für eine weite Manteltasche zu voluminös – da hilft es auch nichts, dass laut Panasonic das Volumen der G3 im Vergleich zur Vorgängerin um 25 Prozent reduziert wurde. Beim Gewicht hat die G3 übrigens weit weniger abgenommen, sie wiegt (betriebsbereit inklusive Setobjektiv) mit 544 Gramm nicht einmal zehn Prozent weniger als die G2. Unterwegs beschert das verschlankte Gehäuse der G3 also keine nennenswerten Vorteile, das Handling hat indes deutlich gelitten: Die G3 liegt längst nicht mehr so bombenfest in der Hand wie noch ihre Vorgängerin, es fehlt einfach deren ausgeprägter Griff. Viel schwerer aber wiegt, dass auf dem schlanken Gehäuse der G3 schmerzlich weniger dezidierte Bedienelemente Platz fanden als bei der G2. Und die wenigen, die übrig geblieben sind, fallen auch noch dürftig aus. Besonders bedauerlich macht sich das beim Daumenrad bemerkbar. Es ist deutlich geschrumpft und jetzt zudem so tief in die Daumenauflage versenkt, dass es nur noch unbequem zu bedienen ist. Gänzlich weggefallen ist die Messwertspeicher-Taste (AF/AE lock), auch die Abblendtaste zur Kontrolle der Schärfentiefe hat Panasonic an der G3 gestrichen.

Viele weitere Funktionen, die sich an der G2 noch über griffige Räder und Schalter wählen ließen, sind nun nur noch per Schnellmenü erreichbar. Das ist für sich betrachtet kein Beinbruch, zumal die G3 ein berührungsempfindliches Display hat, mit dem sie sich via Schnellmenü fast so flott wie ein iPhone bedient. Leider nur fast so flott: Die Kamera reagiert etwas zögerlich auf Fingertipper, das irritiert bisweilen. Und die Menüanimationen ruckeln wie zu seligen C-64-Zeiten übers Display – schade, dass sich das Gezuckel nicht abschalten lässt. Richtig klasse ist, dass sich die G3 via Touchscreen auch auslösen lässt: Ein Fingertipper aufs Motiv genügt, und die Kamera löst aus – nicht ohne zuvor blitzschnell auf die angewählte Bildpartie scharf gestellt zu haben. Das allerdings ging bei der G2 auch schon – und noch mehr: Die Vorgängerin der G3 schaltete automatisch vom elektronischen Sucher (EVF) auf das Display um, sobald die Kamera vom Auge genommen wurde. Möglich machte dies ein Näherungssensor im EVF, den Panasonic nun bei der G3 gestrichen hat. Das ist umso ärgerlicher, weil das schwenk- und klappbare Display bei der G3 praktisch unverzichtbar ist, um die Kamera zu konfigurieren. Zwar erscheinen die Menüs auch im EVF – doch wer will schon durch den Sucher blicken, während die Finger der rechten Hand verzweifelt nach den richtigen Knöpfchen suchen!

Beim Fotografieren läuft der EVF dann aber zur Höchstform auf. Das Sucherbild ist hell und klar sowie dank 1,44 Millionen Bildpunkten Auflösung sehr detailliert. Beim Schwenken unter normalen Lichtverhältnissen folgt es der Bewegung sehr zügig, erst im Schummerlicht ruckt die Anzeige merklich. Mit 100 Prozent Bildfeldabdeckung und 0,7-facher Vergrößerung (bezogen auf Kleinbildformat) ist der Sucher größer als bei vielen APS-C-Kameras, deutlich mehr Informationen zeigt er auf Wunsch sowieso. Nicht ganz so üppig mit Pixeln ausgestattet ist das rückwärtige Display, es löst mit 460.000 Bildpunkten bestenfalls noch durchschnittlich auf. Die Menüs der G3 hat Panasonic gut gegliedert und längere Listen auf Unterseiten verteilt. Diese Unterseiten lassen sich allerdings nicht gezielt anwählen, man muss immer die gesamte Liste durchblättern, um zum gewünschten Befehl zu gelangen.

Ausstattung Bereits die Lumix G2 bot einen fast schon überbordenden Funktionsumfang, bei der G3 haben die Ingenieure von Panasonic nochmals nachgelegt. Deshalb verweisen wir an dieser Stelle auf den ausführlichen Testbericht zur Lumix G2 (siehe weiterführende Links) und wenden uns hier vor allem den Neuerungen der G3 zu. Geblieben sind die gut 20 Motivprogramme. Um dem Fotografen bei dieser Fülle an Möglichkeiten die Qual der Wahl zu ersparen, bietet die G3 wie schon ihre Vorgängerin eine Motivprogrammautomatik, die sich schnell mit der "iA"-Taste einschalten lässt. In diesem Modus wählt die Kamera automatisch eines von sieben Programmen bei Fotoaufnahmen beziehungsweise vier Programmen im Video-Modus. Neu hinzugekommen ist der "iA+"-Modus. Er erlaubt es, in die automatisch gewählten Einstellungen einzugreifen. Ändern lassen sich die Belichtung, der Weißabgleich oder die Schärfentiefe. Derartige Eingriffsmöglichkeiten in die Programmvorgaben sind durchaus zu begrüßen, allerdings lässt sich die Blende zur Schärfentiefesteuerung nur umständlich über den Touchscreen ändern. Erweitert wurde die Belichtungskorrektur, sie umfasst jetzt den hohen Bereich von +/- 5 Blendenstufen (EV), bei der G2 waren es nur +/- 3 EV. Das bietet genügend Spielraum für kreative Fotografen, zumal sich die G3 weiterhin auch als klassischer Programmautomat betreiben lässt, sowie halb-automatisch durch Zeit- beziehungsweise Blendenvorwahl und auch völlig manuell gesteuert werden kann. Letzteres gilt nicht nur für die Belichtung sondern auch für den Fokus. Dabei bietet die G3 eine neue Fokussierhilfe: Sie zeigt in der Mitte des Displays auf Wunsch einen vierfach vergrößerten Bildausschnitt an. Auf die gewohnte fünf- beziehungsweise zehnfach-Vergrößerung lässt sich schnell per Daumenrad umschalten. Neu ist zudem ein besonderer "Nadelspitzen"-Autofokus. Er vergrößert das Sucherbild und erlaubt es so, besonders feinfühlig den gewünschten Fokuspunkt einzustellen.

Bot die G2 bei der Video-Aufnahme nur Hausmannskost, so erfreut die G3 bei Filmaufzeichnungen auch den Gourmet. Die Kamera zeichnet jetzt bis zur vollen Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080) auf, wahlweise in 50i oder 25p. Die Video-Aufnahmen lassen sich im platzsparenden AVCHD-Format speichern, das bearbeitungsfreudlichere MJEPG-Format steht jedoch weiterhin zur Verfügung. Neu auch: Bei der Videoaufnahme führt die G3 auf Wunsch die Schärfe nach. Alternativ lässt sich der Fokuspunkt durch einen kurzen Fingertipper aufs Display während der Aufnahme auf eine beliebige Bildpartie legen – das ist klasse. Im Gegensatz zur G2 hat Panasonic der G3 ein Stereomikrofon spendiert, dazu gibt es einen elektronischen Windfilter, der sich in vier Stufen konfigurieren lässt. Foto-Aufnahmen sind während des Videodrehs jederzeit möglich.

Gegenüber der Vorgängerin legt die G3 auch bei der Serienbildgeschwindigkeit zu. Sie schafft jetzt bis 20 Fotos per Sekunde (fps) – allerdings nur bei auf rund vier Megabyte reduzierter Dateigröße. In voller Auflösung sind es maximal 4,9 fps, wobei allerdings bereits nach sieben Aufnahmen der Pufferspeicher voll ist und die Aufnahmeserie mit nur noch einem Bild alle zwei Sekunden fortgesetzt wird. Eine Action-Kamera wird die G3 also auch mit der schnelleren Aufnahmeserie nicht. Zudem stört in der Praxis, dass die G3 bei hoher Bildrate kein Sucherbild mehr anzeigt, stattdessen erscheint das zuletzt aufgenommene Bild im Sucher.

Wenngleich die Feature-Liste der G3 auf den ersten Blick beeindruckend lang ist, so vermisst man in der Praxis doch die eine oder andere Funktion. Etwa die clevere Mehrfachaufnahmen, mit denen Kameras von Sony oder Nikon seit Neuerem den Dynamikumfang kräftig erweitern ("Multishot-DRI") oder Rauschen bei hoher ISO-Zahl ohne allzu viel Detailverlust mindern ("Multishot-NR"). Starke Kontraste versucht die G3 auf Wunsch mit einer weicheren Gradationskurve zu bändigen – ein Verfahren, dem naturgemäß enge Grenzen gesetzt sind. Schade auch, dass ein standardisierter Mikrofonanschluss fehlt – die G2 hatte ihn noch.

Objektiv Zum Test trat die Lumix G3 mit dem Objektiv G Vario 14-42/1:3.5-5.6 an. Das Standard-Zoom mit einer kleinbildäquivalenten Brennweite von 28-84 Millimeter wird zusammen mit der Kamera für gerade einmal 50 Euro Aufpreis im Set angeboten. Bei diesem moderaten Preis nimmt man gerne in Kauf, dass die Optik in einem schnöden Plastikgehäuse steckt, auch das Bajonett ist aus Kunststoff gefertigt. Immerhin trägt dieser Werkstoff zur Gewichtsreduktion bei, das Objektiv wiegt gerade einmal gut 150 Gramm. Dennoch machte es im Einsatz einen durchaus erwachsenen Eindruck: Die Entfernung lässt sich exakt einstellen, wobei der Fokusring nicht direkt auf die Linsen einwirkt, sondern Steuersignale an die Kamera übermittelt. So erklärt sich auch, warum dem Objektiv eine Entfernungsskala fehlt. Der Zoomring läuft ebenfalls relativ geschmeidig. Lautlos lässt sich indes nicht zoomen, bei Filmaufnahmen verewigt sich eine Brennweitenänderung mit leichten Schabgeräuschen auf der Tonspur.

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