Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Panasonic Lumix DMC-G5

2012-09-03 In Europa gilt die 13 als Unglückszahl, in Japan ist es die Vier. Und so lässt Panasonic auf die G3 nun die Lumix G5 folgen. In der vierten Generation erhält die spiegellose Systemkamera wieder mehr ein klassisches DLSR-Design. Zudem hat Panasonic bei der G5 den Bildschirm aufpoliert, die Videofähigkeiten verbessert und der Kamera einige interessante neue Fotofunktionen mit auf den Weg gegeben. Wie macht sich der jüngste Spross der G-Familie in der Praxis und im Testlabor von digitalkamera.de? Dieser Frage geht unser Testbericht nach.  (Martin Vieten)

Ergonomie und Verarbeitung "Small is beautiful" – diesen Design-Grundsatz haben viele Hersteller mit der letzten Generation ihrer Kameras verfolgt. So auch Panasonic mit der G3 vom vergangenen Jahr. Das sah zwar hübsch aus, im Einsatz erwies sich indes der wenig konturierte Handgriff der G3 als nicht so praktisch. Mit der G5 folgt Panasonic nun wieder mehr dem alten Lehrsatz "Form follows function": Die Lumix G5 wirkt eher wie eine klassische DSLR mit einem tiefen und gut ausgeformten Griff – nur eben kleiner. Doch das ist kein Nachteil: Die G5 liegt hervorragend in der Hand, wozu auch die gut ausgeformte Daumenauflage beiträgt. Mit ihrem Gewicht von knapp 600 Gramm (betriebsbereit mit Objektiv Lumix G Vario 14-42/1:3.5-5.6 Asph.) bleibt die Systemkamera etwas leichter als eine herkömmliche DSLR, sie empfiehlt sich damit durchaus für längere Ausflüge und auf Reisen.

Trotz des recht zierlichen Gehäuses der G5 hat Panasonic genügend Platz gefunden, um die Kamera mit den wichtigsten Reglern und Schaltern auszustatten. Der Bedienung kommt das eindeutig zugute, die G5 lässt sich einigermaßen fix konfigurieren. Noch schneller ginge es sicherlich, wäre die Beschriftung der silbernen Vier-Wege-Wippe auf der Rückseite auch ablesbar. Oben auf der Topplatte rechts thront ein griffiges Programmwählrad, das sogar zwei Speicherplätze für benutzerdefinierte Einstellungen bereithält. Der etwas kleine Auslöser reckt sich weit auf die Spitze der Griffwulst vor, so kommt er automatisch unter dem rechten Zeigefinder zu liegen. Direkt dahinter hat Panasonic eine neue Schaltwippe angebracht, sie übernimmt zwei unterschiedliche Funktionen: Ist ein Powerzoom-Objektiv (dazu gleich mehr) an die Kamera angesetzt, zoomt man mit dieser Wippe ein und aus – ganz so wie mit einer Kompaktkamera. Bei herkömmlichen Objektiven dient die Wippe zur Belichtungskorrektur – eine clevere Idee! Vor allem auch deshalb, weil das Daumenrad entschieden zu tief sitzt und damit nicht sonderlich bequem erreichbar ist. Kritik muss sich auch die Gestaltung des Hauptmenüs gefallen lassen: Zwar teilt Panasonic die langen Befehlslisten auf mehrere Seiten auf, einzeln anwählen (etwa über Register) lassen sich diese jedoch nicht. So muss man immer erst ans Ende einer Seite scrollen, um zur nächsten zu gelangen – das ließe sich auch eleganter lösen.

Wie schon ihre Vorgängerin bietet auch die G5 einen guten elektronischen Sucher (EVF), der mit 800 x 600 Pixeln sehr fein auflöst. Das Sucherbild ist angenehm groß und schliert selbst bei schnellen Schwenks kaum, einzig sein Kontrastumfang ist zu gering. Wieder zurück ist bei der G5 ein Näherungssensor am Sucher, den Panasonic bei der Vorgängerin noch eingespart hatte. Dieser Sensor schaltet auf Wunsch automatisch vom Display auf den EVF um, sobald die Kamera ans Auge gehoben wird. Oder aber vor den Bauch gehalten wird, was nämlich ebenfalls das Sucherbild auf dem Display verschwinden lässt. Da erwies es sich in der Praxis als sehr hilfreich, dass sich mit einem leicht erreichbaren Knopf auch von Hand zwischen EVF und Display umschalten lässt. Das Display hat Panasonic ebenfalls verbessert, es löst nun standesgemäß rund 920.000 Bildpunkte auf. Im hellen Licht der Mittagssonne ist es ordentlich ablesbar, wenn die Helligkeit von Hand hochgeregelt wird – die automatische Helligkeitsregelung erwies sich in der Praxis als zu zurückhaltend. Geblieben ist es dabei, dass das Display der G5 berührungsempfindlich ist und per Fingertipper Befehle entgegennimmt. So ist zum Beispiel nicht nur die ISO-Empfindlichkeit mit zwei, drei Tippern blitzschnell geändert – auch der Fokuspunkt lässt sich mit einem Fingertipp auf die gewünschte Bildpartie legen und sogar die Aufnahme auslösen. Panasonic setzt offenbar weiterhin auf einen resistiven Touchscreen. Das erfordert zwar einen etwas beherzteren Druck als etwa bei einem kapazitiven Touchscreen eines Smartphones, diese Technik funktioniert dafür auch mit Handschuhen. Das Display ist links am Gehäuse angeschlagen und lässt sich um 180 Grad wegklappen sowie um 180 Grad nach oben beziehungsweise vorne drehen und um 90 Grad nach unten. Kurzum, der Monitor der G5 ist praktisch immer sichtbar, auch bei Selbstportraits.

Das Gehäuse der G5 kann zwar nicht verhehlen, dass es weitgehend aus Kunststoff gefertigt ist, macht aber einen soliden Eindruck. Nur die gummiartige Abdeckung der Schnittstellen weckt wenig Vertrauen in eine lange Lebensdauer. Speicherkarte und Akku nimmt ein kombiniertes Fach am Boden der Kamera auf, wenige Zentimeter daneben befindet sich ein Stativgewinde, das ordentlich in der optischen Achse sitzt. Durch die enge Nachbarschaft von Akku-/Speicherkartenfach und Stativgewinde blockiert jedoch bestenfalls eine sehr kompakte Wechselplatte den Zugang zu Massenspeicher und Energiespender nicht. Angesichts der etwas knappen Akkukapazität von 320 Aufnahmen (nach CIPA-Standard) gestaltet sich so bei ausgedehntem Stativeinsatz der Akkuwechsel etwas umständlich. Immerhin legt Panasonic der G5 ein ordentliches Ladegerät bei, ein optionaler Zweitakku lässt sich also problemlos laden, während die Kamera im Einsatz ist.

Ausstattung Systemkameras von Panasonic bieten seit je her ein wahres Füllhorn an Funktionen und Konfigurationsmöglichkeiten – da macht auch die Lumix G5 keine Ausnahme. Panasonic hat der Kamera so ziemlich alles mitgegeben, was sich unbedarfte Fotografen wie auch Foto-Amateure mit gewissen Ansprüchen wünschen. Wer ohne viel Federlesen einfach nur fotografieren möchte, dem bietet die G5 gleich zwei Vollautomatik-Funktionen: Die "Intelligente Automatik" kümmert sich um alles, ohne dass man Einflussmöglichkeiten hätte. Daneben gibt es die "Intelligente Automatik Plus" – sie erlaubt Belichtungs- und Weißabgleichkorrekturen sowie die Steuerung der Schärfentiefe. Will man nicht alles der Automatik überlassen, hält die Kamera 23 frei wählbare Motivprogramme bereit. Erweitert hat Panasonic bei der G5 die Anzahl der kreativen Bildeffekte, man kann nun zwischen 14 Verfremdungsmöglichkeiten von "Expressiv" bis "Miniatureffekt" wählen.

Anspruchsvollen Fotografen bietet die G5 vielfältige Möglichkeiten und Funktionen zur individuellen Steuerung der Aufnahmeparameter. Die Kamera lässt sich als Blenden-, Zeit- und Programmautomat betreiben, zudem kann die Belichtung auch gänzlich manuell gesteuert werden. Die G5 nimmt Belichtungsreihen mit bis zu sieben Aufnahmen bei einer maximalen Spreizung von einer Blendenstufe auf. Das sollte auch für anspruchsvolle HDR-Reihen ausreichen. Noch bequemer entstehen HDR-Fotos mit der neuen HDR-Funktion der G5. Sie nimmt automatisch drei Fotos mit unterschiedlichen Belichtungswerten auf und vereint sie zu einem Bild, das von den dunkelsten Tiefen bis zu den hellsten Lichtern durchgezeichnet ist – theoretisch. In der Praxis erwies sich die HDR-Automatik allerdings als zu zaghaft, die Kontraste waren zum Beispiel bei ausgeprägtem Gegenlicht zu hoch. Auch die Bildaufbereitung in der Kamera kann sehr weitgehend angepasst werden, etwa Schärfe, Kontrast, Sättigung sowie die Stärke der Rauschunterdrückung. Die G5 hat einen Messwertspeicher für die Belichtung an Bord, wahlweise lässt sich damit auch die Fokuseinstellung festhalten.

Panasonic hat die Kamera mit einem elektronischem Verschluss ausgestattet, der sich bei Bedarf aktivieren lässt. Dann wird nicht nur das Auslösegeräusch deutlich verringert, der elektronische Verschluss erlaubt zudem Serienbildaufnahmen mit bis zu 20 Fotos pro Sekunde (fps), indes sinkt dann die Auflösung auf rund vier Megapixel. Bei voller Bildauflösung beträgt die Serienbildrate nach Herstellerangeben immer noch recht flotte 6 fps, dann zeigt die Kamera allerdings während der Reihenaufnahme kein Sucherbild an. Wenig Überraschendes hält die Blitzfunktion der G5 bereit: Sie beherrscht das Blitzen auf den zweiten Vorhang ebenso wie die Langzeitsynchronisation, die Blitzbelichtung lässt sich unabhängig vom Messwert des Umgebungslichts korrigieren. Achtung: Bei aktiviertem elektronischem Verschluss, bleibt der Blitz außer Funktion – ein Umstand, den die Bedienungsanleitung geflissentlich übergeht.

Bereits die Urahnin der Lumix G5, die vor vier Jahren vorgestellte G1, verblüffte mit einem für spiegellose Systemkameras überraschend flotten Autofokus. Dabei ist es bis heute geblieben, auch der Kontrast-AF der G5 zählt zu den schnellsten seiner Art. Praktisch augenblicklich nachdem der Auslöser angetippt wurde, hat die Kamera scharf gestellt. Wird der Auslöser ganz durchgedrückt, dauert es dann aber doch einen Wimpernschlag, bis die Aufnahme im Kasten ist. Dennoch: Die im Labor mit dem Set-Objektiv Lumix G Vario 14-42/1:3.5-5.6 ermittelte Auslöseverzögerung inklusive Autofokus beträgt maximal 0,3 Sekunden und liegt damit auf dem Niveau vergleichbarer DSLR-Kameras. Selbst die kontinuierliche Fokusnachführung funktioniert sehr gut. Das gilt insbesondere in Verbindung mit den neuen "Powerzoom"-Objektiven, wie das Vario PZ 45-175/4.0-5.6 im Praxiseinsatz unter Beweis stellen konnte. Bei Panasonics PZ-Objektiven verschieben Stellmotoren die Linsen der Fokusgruppe, wodurch die Kamera stets die aktuelle Entfernungseinstellung kennt.

Die Vorteile dieses Verfahrens kommen vor allem bei Videoaufnahmen zu tragen: Ausgerüstet mit dem Powerzoom regelt die G5 beim Filmen die Schärfe sehr zügig und vor allem ohne störendes Fokuspumpen nach. Als fast noch wertvoller erwies bei Videoaufnahmen, dass das Powerzoom – wie der Name schon nahelegt – die Brennweite motorisch ändert. Dazu ist die G5 mit der bereits erwähnten Zoomwippe nahe am Auslöser versehen. Sie arbeitet zweistufig, halb gedrückt wird der Zoombereich mit verringerter Geschwindigkeit durchfahren. So werden endlich auch mit einer Systemkamera gleichmäßige Zoomfahrten möglich. Ein weiterer Vorteil dieser Technik: Das Motorzoom arbeitet nahezu lautlos, vorbei sind damit die Zeiten, da sich eine Zoomänderung beim Videodreh mit lästigen Schabgeräuschen auf der Tonspur verewigt. Dem mit der G5 im Set erhältlichen Standard-Zoom Lumix G Vario 14-42/1:3.5-5.6 Asph. hat Panasonic diese Vorzüge vorenthalten, es lässt sich nur herkömmlichen manuell Zoomen. Bezogen auf das Kleinbildformat deckt dieses Zoom einen Brennweitenbereich von 28 bis 84 Millimeter ab. Es ist weitgehend aus Kunststoff gefertigt, jedoch ohne dadurch billig zu wirken.

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