Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Panasonic Lumix DMC-GH2

2011-03-19, aktualisiert 2011-03-21 Die Lumix DMC-GH2 ist das Flaggschiff unter Panasonics spiegellosen Systemkameras. Von ihrer kleineren Schwester G2 unterscheidet sie sich durch eine höhere Auflösung, verbesserte Videofunktionen mit FullHD-Auflösung und einem laut Panasonic "superschnellen" Autofokus. Damit empfiehlt sich die GH2 von der Papierform her gleichermaßen als Foto- und Video-Kamera. Unser ausführlicher Test geht der Frage nach, ob die Lumix GH2 in der Praxis und im Testlabor hält, was sie auf dem Papier verspricht.  (Martin Vieten)

Inhaltsverzeichnis

  1. Technische Daten

Ergonomie und Verarbeitung Als vor gut zwei Jahren die Panasonic G1 das Zeitalter der spiegellosen Systemkameras einläutete, galt sie noch als kleine Sensation. Inzwischen haben zumindest die großen Elektronikkonzerne eine oder gleich mehrere der EVIL-Kameras im Programm. Nur die traditionellen Kamerahersteller wie Canon, Nikon oder Pentax halten sich (noch) zurück. Dabei zeigt sich schon bei der ersten Bekanntschaft mit der GH2, worin der Vorteil des Konzepts ohne Spiegel liegt: Die Kamera ist deutlich kompakter als eine herkömmliche DSLR. So mag die GH2 vielleicht auf den ersten Blick eher wie ein Spielzeug wirken, dieser Eindruck verflüchtigt sich aber spätestens, wenn man die Kamera in die Hand genommen hat. Einsatzbereit und mit dem Set-Objektiv 14-140mm/4,0-5,8 bestückt drückt sie rund 850 Gramm auf die Waage. Das ist eindeutig zu viel für ein Spielzeug, als Systemkamera ist die GH2 hingegen ein wahres Leichtgewicht. Leider setzt Panasonic zur Gewichtsreduktion sicht- und spürbar auf Kunststoffe, die Anfassqualität der GH2 geht jedoch alles in allem noch in Ordnung. Zumal das Gehäuse ordentlich verarbeitet ist und auch einen beherzten Zugriff mit stoischer Ruhe über sich ergehen lässt. Keinen Anlass zur Kritik bietet das Stativgewinde: Es ist aus massivem Metall gefertigt, sitzt in der optischen Achse und dabei weit genug vom Akkuschacht entfernt, sodass sich der Energiespender auch bei angesetzter Wechselplatte entnehmen lässt. Masse und Maße prädestinieren die GH2 also geradewegs als ständige Begleiterin – wobei sie allerdings nach einer kleinen Fototasche verlangt, wenn man sie nicht lässig am Riemen über der Schulter tragen möchte.

Trotz ihrer Kompaktheit liegt die GH2 nahezu bombensicher in der Hand. Dazu trägt vor allem der sehr ausgeprägte Griff bei, der mit einem rutschsicheren, lederartigen Material überzogen ist. Wie von Panasonic gewohnt, gibt es auch bei der GH2 zahlreiche Tasten, Drehräder und Schalter. So lässt sich die Kamera schnell und meist ohne Umwege übers Menü konfigurieren. Den Hauptschalter haben die Ingenieure so platziert, dass er leicht mit dem Daumen der rechten Hand zu erreichen ist. Der rechte Zeigefinger stellt Aufnahmemodi wie Einzel- oder Serienbild, Bracketing etc. ein. Einen eigenständigen Aufnahmeschalter für Video-Aufnahmen hat die GH2 auch. Er ist jetzt nach oben in die direkte Nachbarschaft des Auslösers gewandert, wo er sich nicht mehr so leicht versehentlich betätigen lässt. Über diesem ganzen Schaltwerk thront der Aufnahmewahlschalter, der nicht weniger als 14 Positionen kennt. Auf der linken Gehäuseoberseite der GH2 sitzt ein etwas fummeliger Drehregler zur Wahl der AF-Messart, in der Ebene darunter wird die AF-Betriebsart mit einem dreistufigen Schalter eingestellt. Die GH2 verzichtet auf ein vorderes Einstellrad, es gibt nur ein Daumenrad. Das aber lässt sich eindrücken und ändert dann seine Funktion – so kann man etwa Blende und Belichtungszeit fast so bequem wie mit zwei Einstellrädern festlegen. Von den weiteren Schaltern auf der Rückseite ist vor allem die "Q-Menü"-Taste hervorzuheben. Sie bringt ein Schnellmenü auf das Display, über das sich wichtige Parameter ebenfalls sehr schnell einstellen lassen. Das Display bietet darüber hinaus noch eine weitere, sehr clevere Einstellhilfe: Es ist berührungsempfindlich und erlaubt es, die wichtigsten Einstellungen und sogar den Fokuspunkt direkt mit ein paar Fingertippern festzulegen.

Doch das sind noch nicht die einzigen Qualitäten des Displays: Mit einer Diagonalen von drei Zoll (7,5 Zentimeter) fällt es recht üppig aus. Etwas knauserig gibt sich die GH2 dagegen bei der Monitor-Auflösung: Sie beträgt 460.000 Bildpunkte, viele Kameras in der Preisklasse der GH2 bieten hier das Doppelte. Gleichwohl zeigt die GH2 ein detailreiches und brillantes Monitorbild. Das Display ist mit einem Gelenk kipp- und schwenkbar links am Kameragehäuse angeschlagen. Ob bei Über-Kopf-Aufnahmen, bei Aufnahmen in Bodennähe oder gar Fotos um die Ecke – das Display ermöglicht stets eine genaue Motivkontrolle ohne Verrenkungen und ohne die Kleidung zu verschmutzen. Wer lieber mit dem Blick durch einen Sucher fotografiert, dem wird der Videosucher der GH2 gefallen. Panasonic hat die Auflösung gegenüber der Vorgängerin nochmals erhöht, sie beträgt jetzt sehr gute 1,53 Millionen Bildpunkte. Das elektronisch erzeugte Sucherbild ist entsprechend klar und detailreich, es flimmert nicht und Schmiereffekte beim Schwenken der Kamera sind dem Videosucher ebenfalls fremd. Einzig der Kontrast des elektronischen Suchers ist etwas hart. Die GH2 schaltet übrigens automatisch vom Display auf den Sucher um, wenn man die Kamera vors Auge hält – das ist sehr komfortabel. Schade nur, dass sich zur exakten Belichtungskontrolle ein Live-Histogramm im Sucher erst nach einer Einstell-Orgie einblenden lässt – standardmäßig erscheint es nur auf dem Display.

Ausstattung Die Panasonic Lumix DMC-GH2 ist derart reichhaltig ausgestattet, dass es leichter wäre, die paar Funktionen zu nennen, die ihr fehlen. Wie zum Beispiel eine PC-Buchse zum Anschluss eines Studioblitzes. Diese Anschlussmöglichkeit werden allerdings die wenigsten Benutzer einer GH2 vermissen, ist die Kamera doch vor allem für den Unterwegs- und Reportage-Einsatz prädestiniert. Trotz der überragenden Konfigurationsmöglichkeiten ist die GH2 eine recht unkomplizierte Kamera. Dazu tragen vor allem die ausgereiften Automatik-Funktionen bei. Besonders reichhaltig, geradezu verschwenderisch hat Panasonic die GH2 mit Motivprogrammen ausgestattet. So gibt es nicht nur einfach Programme für "Landschaft", "Nahaufnahme" oder "Portrait" – diese werden vielmehr noch durch Unterprogramme ergänzt. Für das Portrait-Programm lässt sich zum Beispiel die Unterart "Normal", "Schöne Haut" oder "Indoor" wählen – um nur einige zu nennen. Insgesamt kommt die GH2 so auf 22 Motivprogramme, da wird die Wahl des geeigneten schnell zur Qual. Glücklicherweise hat Panasonic der Kamera auch eine automatische Szenenerkennung mit auf den Weg gegeben. Sie entscheidet im Idealfall völlig selbständig, ob zum Beispiel das Programm "Landschaft" oder "Makro" das anvisierte Motiv am besten aufnimmt. In der Praxis erweist sich diese Motivautomatik als recht treffsicher und lag nur bei wirklich schwierigen Motiven daneben. Selbstverständlich verfügt die GH2 auch über eine Gesichtserkennung. Weniger selbstverständlich ist dagegen die Gesichtswiederkennung, aber auch diese bietet die GH2. Hat man erst einmal ein Gesicht registriert (sechs Speicherplätze bietet die GH2 dafür), fokussiert die Kamera automatisch auf ein Gesicht, sobald sie es erkannt hat. Besonders für Gruppenfotos ist diese Funktion interessant.

Ihr volles Potential spielt die GH2 jedoch erst aus, wenn man sich die Mühe macht, die Kamera manuell für die vorgesehene Aufnahme zu konfigurieren. Auch hier sind die Möglichkeiten nahezu grenzenlos. Weißabgleich, ISO-Empfindlichkeit, Belichtung, Fokus etc. – alles lässt sich auf Wunsch per Hand einstellen. Alternativ kann man die GH2 in vielen Bereichen haltautomatisch betreiben. Das gilt nicht nur für die Belichtungssteuerung via Zeit- oder Blendenvorwahl. Auch die Obergrenze der ISO-Empfindlichkeit kann vorgegeben werden, Belichtung und Blitzbelichtung lassen sich schnell und mit +/- 5 Blendenstufen (EV) in sehr weiten Bereichen anpassen. Die Kamera kennt Belichtungs- und Weißabgleichreihen und bietet verschiedene Filmstile, die sich ebenfalls in Reihe aufnehmen lassen. Zur Wahl der Belichtungsreihe gibt es sogar einen eigenen Modusschalter – das ist praktisch. Natürlich beherrscht die GH2 auch klassische Serienbildaufnahmen. Dabei ist sie aber kein echter Sprinter: Sie kommt auf eine maximal Geschwindigkeit von 4,8 Bildern je Sekunde. Doch bereits nach sieben Fotos ist der interne Puffer offenbar voll und Kamera genehmigt sich für jede weitere Aufnahme eine Pause von rund 1,5 Sekunden. Wer es einmal ganz besonders schnell braucht, stellt an der GH2 den Hochgeschwindigkeitsmodus ein. Dabei nimmt die Kamera für genau eine Sekunde 40 Bilder auf. Zudem ist die Auflösung auf rund vier Megapixel reduziert.

Kaum Wünsche offen lässt die Blitzfunktion der GH2. Einen kleinen Blitz hat sie an Bord, der allerdings bei Bedarf von Hand ausgeklappt werden will. Für diesen kleinen Umstand entschädigt die Kamera mit Möglichkeiten wie Langszeitsynchronisation oder das Blitzen auf den zweiten Verschlussvorhang (wichtig bei Aufnahmen in denen sich das Motiv sichtbar durchs Bild bewegt). Die kürzeste Synchronisationszeit beträgt 1/160 Sekunde. Wenn die Leistung des internen Lichtspenders nicht ausreicht, lässt sich die GH2 mit einem externen Blitz ausstatten, ein entsprechender Schuh ist vorhanden. Passende Systemblitzgeräte gibt es nicht nur von Panasonic sondern zum Beispiel auch von Metz. Und es lässt sich noch weiteres Zubehör anschließen. Etwa ein Stereo-Mikrofon oder wahlweise eine Fernbedienung. Film- und Fotoaufnahmen schickt die GH2 via HDMI-Anschluss oder analogem TV-Out an ein Fernsehgerät. Ist sie per HDMI-Kabel mit einem TV-Gerät von Panasonic verbunden, lassen sich grundlegende Wiedergabefunktionen auch mit der Fernbedienung des Fernsehers steuern.

Kann die Ausstattung der Panasonic Lumix DMC-GH2 als Fotokamera als nahezu komplett bezeichnet werden, so stehen die Videofunktionen der Kamera dem in nichts nach. Die GH2 bietet dem Videographen Möglichkeiten, wie sie bei ausgewachsenen Camcordern nur zu einem deutlich höheren Preis zu bekommen sind. Da ist zunächst einmal die Option, die GH2 mit einem Objektiv der Wahl bestücken zu können. Dabei nimmt sie via Adapter auch spezielle Filmobjektive auf, etwa solche mit einer stufenlosen Blende. Hinzu kommt, dass sich die GH2 im Video-Modus fast so umfangreich konfigurieren lässt wie als Fotokamera. Die meisten Motivprogramme funktionieren ebenfalls bei der Videoaufnahme, ebenso der Autofokus. Für den kreativen Kameramann dürfte jedoch viel interessanter sein, dass sich die GH2 bei der Videoaufnahme auch komplett manuell steuern lässt. So kann durch die Vorgabe der Blende die Schärfentiefe auf den Punkt festgelegt werden. Oder man wählt eine lange Belichtungszeit, um interessante Wischeffekte durch sich bewegende Motive aufs Video zu bannen. Wer die GH2 zur Tonaufnahme mit einem externen Mikrofon erweitert, kann jetzt im Gegensatz zur Vorgängerin den Audio-Pegel manuell aussteuern.

Aber nicht nur auf der kreativen Seite hat die GH2 für Videofilmer viel zu bieten. Die Kamera spielt auch aus technischer Sicht in der ersten Liga. So zeichnet sie auf Wunsch in FullHD (1.920 x 1.080 Pixel) bei 50 Halbbildern in der Sekunde (50i) auf, in HD-Auflösung (1280 x 780) schafft sie sogar 50 Vollbilder pro Sekunde (50p). Zusätzlich gibt es einen "Cinema"-Modus, der bei FullHD-Auflösung die im analogen Kinofilm üblichen 24 Vollbilder aufnimmt und dabei besonders schonend komprimiert. Gespeichert wird wahlweise im Speicherplatz-sparenden AVDHC-Format oder als AVI-Motion-JPG-Dateien.

Objektiv Unsere Testkamera war mit dem Objektiv G Vario HD 14-140/4.0-5.8 ausgestattet, mit dem die Lumix GH2 auch im Set angeboten wird. Der Bildwinkel des Objektivs entspricht dem eines Zooms von 28 bis 280 Millimeter an einer Kleinbildkamera. Dieses G Vario passt hervorragend zur GH2: Es ist mit einem Gewicht von rund 460 Gramm – bezogen auf den immensen Brennweitenbereich – recht leicht und zudem sehr kompakt. Im Inneren der aufwändig konstruierten Optik sorgen 17 Linsen in 13 Gruppen für eine möglichst fehlerfreie Abbildung des Bilds auf dem Sensor. Zudem minimiert das Objektiv die Gefahr verwackelter Aufnahmen, es bietet nämlich einen optischen Bildstabilisator, der bei Panasonic auf den Namen O.I.S. hört. Man muss sich übrigens keine Sorgen machen, für das G-System nicht die passende Linse zu finden – inzwischen ist die Objektivfamilie für Panasonics G-Kameras auf elf Mitglieder angewachsen. Sie decken (bezogen auf Kleinbild) den Brennweitenbereich von 14 bis 600 Millimeter ab.

In Zeiten spiegelloser Systemkameras wie der Lumix GH2 kommt dem Objektiv neben der Abbildung noch eine weitere wichtige Rolle zu: Es hat maßgeblichen Anteil daran, wie schnell und sicher der Autofokus funktioniert. Das Problem: Prinzipbedingt muss der Kontrast-AF einer spiegellosen Kamera mindestens zweimal messen, um den Fokuspunkt exakt bestimmen zu können. In der Praxis sind es natürlich deutlich mehr Messungen, wobei der Autofokus stets paarweise misst. Ganz anders bei einer DSLR: Deren Phasen-AF benötigt keine Messpaare, sondern kann den exakten Fokuspunkt beim Durchfahren der Brennweite auf einen Rutsch ermitteln. In der Praxis ist ein Phasen-AF dadurch deutlich schneller. Panasonic hat sich nun bei der GH2 eine raffinierte Lösung ersonnen, um den Kontrast-AF zu beschleunigen: Sobald der Autofokus aktiviert wird, verdoppelt die Kamera die Ausleserate des Sensors. Statt 60 Hertz sind es nun 120 Hertz, die AF-Geschwindigkeit wird damit also ebenfalls verdoppelt – zumindest in Theorie.

Fortsetzung auf Seite 2

Passende Meldungen zu diesem Thema

Artikel-Vorschläge der Redaktion