Spiegellose Systemkamera, Systemkamera

Testbericht: Panasonic Lumix DMC-GH3

2013-02-13, aktualisiert 2013-02-25 Mit der spiegellosen Systemkamera Lumix GH3 nimmt Panasonic die etablierte DSLR-Konkurrenz aufs Korn. Dazu verpacken die Ingenieure die Kameratechnik in ein spritzwassergeschütztes Magnesiumgehäuse und statten die GH3 mit so ziemlich allem aus, was dem Fotografen und Videofilmer lieb und teuer ist. Doch eine endlose Ausstattungsliste alleine macht noch keine gute Kamera – dazu muss auch die Bildqualität stimmen. Wie es darum bestellt ist, musste Panasonics neues Flaggschiff im Testlabor von digitalkamera.de sowie im winterlichen Praxiseinsatz unter Beweis stellen.  (Martin Vieten)

Ergonomie und Verarbeitung Bereits bei der ersten Kontaktaufnahme macht die Lumix GH3 unmissverständlich klar, dass sie sich für Höheres empfehlen möchte. Im Vergleich zur Vorgängerin ist das Gehäuse deutlich gewachsen und hat dabei fast 200 Gramm an Gewicht zugelegt. Als spiegellose Systemkamera ist die GH3 damit eine stattliche Erscheinung und kaum noch kompakter oder leichter als eine kleine DSLR vom Schlage einer Canon EOS 650D. Doch nimmt man die GH3 in die Hand, ist die Gewichtszunahme schnell vergessen. Dank ihres stark ausgeformten Griffs lässt sich die Kamera auch einhändig sicher halten. Dabei ist die Anfassqualität über jeden Zweifel erhaben: Panasonic hat die GH3 in ein sehr robustes Magnesium-Aluminium-Gehäuse gekleidet – da knarzt und knistert auch beim beherztem Zugriff nichts. Zudem ist das Gehäuse gegen Dunst und Spritzwasser abgedichtet, die Schnittstellen werden von robusten Gummiabdeckungen geschützt, Speicherkarten- und Akkufach liegen unter stabilen Klappen. Dabei ist die Akkuklappe weit genug vom korrekt angeordneten Stativgewinde entfernt, sodass der Energiespender auch bei angesetzter Stativplatte gewechselt werden kann. Der Akku reicht übrigens mit ca. 540 Bildern erfreulich weit. Wer mehr will, kann die GH3 mit dem optional erhältlichen Hochformatgriff DMW-BGGH3 ausstatten, der die Akkureichweite verdoppelt.

Wie es sich für eine Kamera mit hohen Ansprüchen gehört, wartet die GH3 mit gleich drei Wählrädern auf. Neu ist ein Einstellring auf der Rückseite, der gleichzeitig die Funktion einer Vierwege-Wippe übernimmt. Daumen und Fingerrad oben laufen angenehm stramm und mit klar definierten Rastpunkten – da verstellt sich nichts aus Versehen. Das gilt auch für die beiden Moduswahlräder auf der Topplatte. Das kleinere links schaltet zwischen Einzelbild- und Reihenaufnahmen um, mit dem größeren rechts wählt man die Betriebsart der Kamera. Schade, dass Panasonic das kleine Wählrad nur für vier Positionen nutzt, Platz für weitere Funktionen wäre noch reichlich vorhanden. Aber auch so wartet die GH3 mit einer Vielzahl dedizierter Bedienelemente auf, mit deren Hilfe sie sich zügig konfigurieren lässt. So gibt es zum Beispiel Tasten für den direkten Zugriff auf ISO-Zahl, Belichtungskorrektur oder den Weißabgleich. Weitere Funktionstasten aktivieren die neue WiFi-Verbindung, bringen ein Schnellmenü aufs Display oder erlauben den direkten Zugriff auf den AF-Modus. Fünf dieser praktischen Helferlein sind zudem frei konfigurierbar und lassen sich mit einer Funktion nach Wahl belegen. So praktisch diese Tasten sind, so hätten sie doch gerne noch etwas größer ausfallen dürfen. Aber es gibt ja auch noch das berührungsempfindliche Display, über das sich die GH3 fast wie ein Smartphone mit Fingertippern und -gesten steuern lässt. Dabei setzt Panasonic nun auf ein sensitives Touchdisplay, das besonders empfindlich reagiert.

Das Display ist wie schon bei den Vorgängerinnen links mit einem Klapp- und Drehscharnier angeschlagen, das Sucherbild lässt sich aus praktisch jeder erdenklichen Position heraus kontrollieren – falls nötig, sogar beim frontalen Blick in die Linse. Bei der Auflösung des Displays knausert Panasonic etwas, sie bescheidet sich auf 614.000 Bildpunkte. In der Praxis macht sich diese Bescheidenheit indes kaum negativ bemerkbar, der Monitor zeigt ein hinreichend scharfes Bild und ist dank der eingesetzten OLED-Technik auch in heller Umgebung noch einigermaßen gut ablesebar. Nicht ganz so viel Freude bereitet der elektronische Sucher. Seine Austrittspupille liegt zu tief, sodass Brillenträger das Sucherbild schwerlich zur Gänze erfassen können. Dabei gibt der OLED-Sucher auf dem Papier durchaus eine gute Figur ab: Er löst mit rund 1,75 Millionen Bildpunkten sehr fein auf und ist mit einem Vergrößerungsfaktor von 0,67 (bezogen auf Kleinbild) fast so groß wie der Sucher einer Vollformatkamera. In der Praxis ist das Sucherbild dennoch deutlich kleiner, als es von der Papierform her zu erwarten wäre. Der Grund: Panasonic verwendet bei der GH3 einen EVF im 16:9-Format, zeigt darauf aber das Sucherbild mit dem Seitenverhältnis 4:3 des Sensors an. So bleiben links und rechts breite Trauerbalken, die keinerlei Information zeigen. Wer mit der recht kleinen Sucheranzeige leben kann, wird jedoch nicht weiter enttäuscht: Der EVF der GH3 reagiert mit einer Verzögerung von nur 2,1 Millisekunden sehr viel schneller auf Veränderungen im Sucherbild als noch der Sucher der GH2 – Schlieren oder gar ein ruckelnder Bildaufbau bei Kameraschwenks sind dem EVF der GH3 völlig fremd. Selbst in sehr dunkler Umgebung zeigt das Sucherbild kaum Farbrauschen und ist damit bei schlechten Lichtverhältnissen einem klassischen DSLR-Sucher klar überlegen.

Wenig hat Panasonic bei den Menüs geändert, deren Layout weiterhin etwas grobschlächtig ist. So sind die Befehle und Symbole einerseits gut lesbar, benötigen anderseits jedoch viel Platz auf der Anzeige – darunter leidet die Übersichtlichkeit. Hinzu kommt, dass Panasonic das Hauptmenü zwar in mehrere Register aufteilt, die Befehlslisten darin erstrecken sich indes über mehrere Bildschirmseiten – auch das ist nicht gerade übersichtlich. Glücklicherweise muss man nicht allzu häufig den Gang ins Hauptmenü antreten, da sich häufig verwendete Paramater auch über das Quick-Menü aufrufen lassen. Zudem erlaubt es die GH3, drei individuelle Einstellungs-Sets zu definieren, die sich dann bequem über das Moduswählrad abrufen lassen.

Ausstattung Panasonic hat der GH3 praktisch alles mit in die Wiege gelegt, was dem anspruchsvollen Fotografen lieb und teuer ist. Aber auch weniger ambitionierte Fotografen kommen mit der Kamera ganz auf ihre Kosten. So bietet die GH3 nicht weniger als 21 Motivprogramme – da sollte für nahezu jede Gelegenheit die passende Grundeinstellung dabei sein. Wem selbst die Wahl eines Motivprogramms zu aufwändig ist, überlässt dies der intelligenten Vollautomatik der GH3. Schön, dass man dieser Vollautomatik nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist – sie akzeptiert vielmehr die Vorgabe einer beliebigen Zeit-/Blendenkombination oder lässt eine Belichtungskorrektur zu. Für Fotos nach Maß lassen sich verschiedene Bildstile aufrufen oder Parameter wie Schärfe, Kontrast etc. gleich ganz individuell einstellen. Hinzu kommen noch 14 Kreativ-Modi für verfremdete Aufnahmen à la „Spielzeugkamera“ oder „Retro-Look“. Selbstverständlich hat die GH3 auch eine Gesichtserkennung an Bord, neu hinzugekommen ist zudem eine HDR-Automatik. Sie nimmt drei unterschiedlich belichtete Fotos auf, die die Kamera dann zu einem Bild mit perfekt durchgezeichneten Tiefen und Lichtern vereint. Das dauert zwar eine Weile, doch die GH3 bleibt währenddessen aufnahmebereit.

Für anspruchsvolle Fotografen und Spezialanwendungen hält die GH3 einige Sonderfunktionen bereit, die in ihrer Klasse selten anzutreffen sind. Dazu gehört etwa eine echte Intervallfunktion, die bis zu 9999 Fotos nach einem festgelegten Zeitplan aufnimmt. Großzügig zeigt sich die GH3 ferner bei Belichtungsreihen – sie ermöglichst bis zu sieben Aufnahmen bei einer maximalen Spreizung von 1 EV. Ganz professionell lässt sich für die ISO-Automatik eine Obergrenze festlegen. Zudem gibt es eine intelligente ISO-Automatik, die schnelle Motivbewegungen erkennt und die Empfindlichkeit dann derart einstellt, dass Aufnahmen ohne Bewegungsunschärfe möglich werden. Sogar an eine Taste zur Vorabkontrolle der Schärfentiefe hat Panasonic gedacht, diese software-gesteuerte Abblendtaste liegt allerdings etwas unglücklich auf dem Kamerarücken. Auf Wunsch blendet die GH3 ein Live-Histogramm ins Sucherbild ein und ermöglicht so bereits vorab eine perfekte Belichtungskontrolle. Pfiffig ist dabei, dass sich die Histogramm-Anzeige im Sucherbild verschieben lässt und so nicht zwangsläufig über einer bildwichtigen Motivpartie zu liegen kommt.

Die GH3 zeigt gegenüber Studiofotograden ein großes Herz: Nicht nur, dass sie mit einer PC-Synchronbuchse zum Anschluss eines Studioblitzes aufwartet – auch die Live-View-Vorschau auf das Aufnahmeergebnis lässt sich abschalten. Das ist wichtig, damit die Kamera kein schwarzes Sucherbild zeigt, wenn sie mit einer ihr unbekannten Studioblitzanlage verbunden ist. Im Team mit einem Systemblitzgerät oder auf sich und ihren Bordblitz allein gestellt gibt sich die GH3 ebenfalls keine Blöße. Zwar beträgt die kürzeste Synchronzeit etwas lange 1/160 Sekunde, aber in Verbindung mit einem externen Systemblitz (z. B. DMW-FL500) ist auch Highspeed-Synchronisation möglich. Das neue Blitzgerät DMW-FL360L kann die GH3 sogar drahtlos ansteuern, dabei stehen alle weiteren Blitzfunktionen wie Synchronisation auf den zweiten Vorhang, Langzeitsynchronisation etc. weiterhin zur Verfügung. Das Drahtlosblitz-Steuersystem ist übrigens kompatibel zu Olympus. Die Intensität des Blitzlichts lässt sich an der GH3 unabhängig von der Belichtung des Umgebungslichts regeln. Schön auch, dass der Bordblitz weit genug nach oben springt, um keine hässlichen Schatten in den Bildecken hervorzurufen.

Auf den ersten Blick vermisst man bei der GH3 vielleicht einen GPS-Empfänger, der Aufnahmen mit deren Ortskoordinaten versieht. Doch die GH3 kann darauf ohne Not verzichten, wartet sie doch mit pfiffigen WLAN-Fähigkeiten auf. Die lassen sich unter Anderem einsetzen, um die Ortskoordinaten von einem Smartphone zu beziehen, auf dem die kostenlose App „Lumix Link“ (erhältlich für Android und iOS) installiert ist. Spielen GH3 und ein Smartphone erst einmal im Team, ergeben sich zudem eine Reihe weiterer Möglichkeiten: So lässt sich die Kamera via Smartphone fernauslösen, wobei dessen Display das Sucherbild zeigt. Oder die GH3 überträgt jede Aufnahme sogleich in den Speicher des Smartphones, von wo aus sie dann ins Internet weitegeleitet werden können. Selbstredend, dass sich die GH3 via WiFi nicht nur mit einem Smartphone verbindet, sondern auch mit anderen Geräten im WLAN, etwa einem PC, TV-Gerät oder Drucker.

An der sehr kompletten Ausstattung der GH3 gibt es kaum etwas zu kritisieren. Wie aber sieht es mit der Leistungsfähigkeit der Kamera aus? Wenn Serienbilder gefordert sind, geht die GH3 flott zur Sache: In JPEG sprintet sie mit 5,9 Fotos pro Sekunde (fps) los, im Raw-Format sind es sogar 6,3 fps. Deutlich eindrucksvoller ist jedoch, wie lange die GH3 dieses Tempo durchhält: Bei JPEG-Aufnahmen fällt sie erst nach 88 Fotos oder knapp 15 Sekunden in den gemächlichen Dauerlauf mit 2,4 fps. Zeichnet man in Raw auf, ist der Spurt deutlich kürzer, jetzt fällt die Kamera bereits nach 18 Aufnahmen in einen gemächlichen Trab mit nur noch 1,6 Fotos pro Sekunde. Wer es besonders flott mag, kann im SH-Modus Reihen mit 20 fps aufnehmen – allerdings sinkt dann die Bildgröße auf rund vier Megapixel, Raw-Aufnahmen sind nicht möglich. Auf Wunsch führt die GH3 auch bei schnellen Serienbildaufnahmen die Schärfe nach, wobei der Fokus Priorität erhält und die Bildrate gegebenenfalls entsprechend sinkt.

Der flotte Autofokus (mehr dazu im Abschnitt „Objektiv“) überzeugt vor allem auch bei Video-Aufnahmen. Auf Wunsch führt die GH3 die Schärfe beim Filmdreh nach, wobei sie sich durch Kameraschwenks nicht aus dem Konzept bringen lässt. Vielmehr wartet sie für einen Wimpernschlag, bis sie das neue Motiv erfasst hat und stellt erst dann die Schärfe neu ein. Dass sie dabei den korrekten Fokuspunkt bisweilen ein, zwei Mal flott überfährt, fällt kaum auf – dazu währt dieses Fokuspumpen zu kurz. Die Schärfe kann beim Videodreh allerdings auch halbautomatisch nachgeführt werden – entweder durch kurzes Antippen des Auslösers oder noch smarter mit einem Fingertipper aufs berührungsempfindliche Display. Video-Profis wird jedoch weitaus mehr freuen, dass die GH3 selbst bei Full-HD-Auflösung nicht nur im AVCHD- sondern auch im QuickTime-Format speichert. Dessen Vorteil gegenüber der gängigen AVCHD-Komprimierung: Jedes Bild wird einzeln komprimiert, die Aufnahmen müssen also nicht zeitaufwändig dekodiert werden, wenn sie nachträglich bearbeitet werden sollen. Den Filmton nimmt die GH3 in Stereo auf, wahlweise über die integrierten Mikros, aber auch mit einem externen Mikrofon, das sich per Mini-Klinke anschließen lässt. Ganz im Sinne anspruchsvoller Videofilmer erlaubt es die GH3 dabei, den Ton manuell auszusteuern, zum Monitoring der Tonaufnahme lässt sich sogar ein Kopfhörer an die Kamera anschließen. Wer separate Bild- und Tonaufnahmen nachträglich perfekt miteinander synchronisieren möchte, lässt die GH3 SMPTE-kompatible Timecodes aufzeichnen. Und last but not least nimmt die Kamera auch in Zeitraffer und Zeitlupe auf – da bleibt in Sachen Videographie kaum noch ein Wunsch offen.

Fortsetzung auf Seite 2

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