High-End-Bridgekamera

Testbericht: Sony Cyber-shot DSC-RX10 IV

2017-11-14 In der vierten Generation der RX10 kombiniert Sony die bewährte Technik der RX10 III, etwa das F2,4-4 lichtstarke 25-fach-Zoom mit einem kleinbildäquivalenten Brennweitenbereich von 24 bis 600 Millimetern mit dem schnellen Stacked-CMOS-Sensor der RX100 V. Das verhilft der RX10 IV nicht nur zu einer sauschnellen Serienbildfunktion, sondern auch zu einem rasanten Hybrid-Autofokus, der selbst bei 24 Bildern pro Sekunde noch die Schärfe nachführen kann. Auch die Videofunktion profitiert davon. Im ausführlichen Test fühlen wir den Änderungen genau auf den Zahn und bewerten, was dabei herauskommt.  (Benjamin Kirchheim)

Da die RX10 IV bezüglich Gehäuse, Objektiv, Bedienung und zum Großteil auch bei der Ausstattung der RX10 III gleicht, basiert der folgende Text auch zu entsprechend großen Teilen auf unserem Test der RX10 III, wurde aber auf die RX10 IV hingehend überarbeitet und von den neuen Messwerten der Serienbildgeschwindigkeit, Bildqualität und noch einigem mehr, was die RX10 IV ausmacht, ergänzt.

Ergonomie und Verarbeitung

Die Sony RX10 IV ist ein wahrer Brocken. Mit ihrem riesigen Objektiv drückt sie fast 1,1 Kilogramm auf die Waage, ihre Abmessungen nehmen es locker mit denen einer DSLR mit großem Objektiv auf. Kompakt ist diese Kompaktkamera also nicht im wahrsten Sinne des Wortes, sondern sie zählt nur wegen ihres fest verbauten Objektivs zu ebendieser Kategorie. Dank ihres sehr ausgeprägten Griffs liegt sie dennoch perfekt und sicher in der Hand. Dafür sorgt nicht zuletzt auch die griffige Gummierung. Die RX10 IV kann problemlos einhändig gehalten werden, Zoom und Auslöser lassen sich mit dem Zeigefinger bedienen. Sogar der kleine Finger findet noch knapp Platz am Handgriff. Das Gehäuse besteht indes trotz des hohen Preises aus Kunststoff, auch eine Abdichtung gegen Umwelteinflüsse hat Sony sich gespart. Zwar spricht der Hersteller von einem gewissen Feuchtigkeitsschutz, Dichtungen sind jedoch beispielsweise am Speicherkartenfach sowie am Akkufach nicht zu finden. Das Gehäuse ist zwar gut verarbeitet und macht einen durchaus robusten Eindruck, das letzte Quentchen Hochwertigkeit fehlt ihm dann aber doch.

Der riesige Objektivtubus bietet Platz für allerlei Bedienelemente, die jedoch alles elektronisch steuern, inklusive des Zooms. Beim Einschalten fährt das Objektiv um weitere 3,5 Zentimeter heraus, beim Zoomen auf 600 Millimeter Kleinbildäquivalent gar um satte acht Zentimeter. Dabei beginnt die Lichtstärke mit F2,4 bei 24 Millimetern kleinbildäquivalenter Brennweite zunächst sogar sehr lichtstark. Beim Zoomen jedoch fällt die Lichtstärke schnell ab und erreicht bereits bei 100 Millimetern Kleinbildäquivalent eine Anfangsöffnung von F4, die bis zum Teleende beibehalten wird. Die Brennweite wird dabei nicht nur auf dem Display angezeigt, sondern bei 24, 100, 135, 200, 300, 400, 500 und 600 Millimetern (jeweils Kleinbildäquivalent) verraten Striche auf dem Objektivtubus zusätzlich die Brennweite.

Der Tubus besitzt einen so großen Durchmesser, dass er schon wieder recht robust wirkt – kein Vergleich zu den relativ wackeligen Konstruktionen anderer Kompaktkameras. Entsprechend ist das Objektiv wie bei einer DSLR mit einem großen, 72 Millimeter messenden Gewinde ausgestattet, was den Anschluss verschiedenster Filter erlaubt. Eine Streulichtblende, die sich zum kompakten Transport verkehrt herum auf dem Bajonett anbringen lässt, gehört gar zum Lieferumfang. Der Zoomring am Objektiv erlaubt ein recht feines Zoomen, bei schnellen Bewegungen kommt der Motor jedoch nicht hinterher, so dass kein besonders direktes, verzögerungsfreies Gefühl entsteht. Man kann sich auch eine Stufen-Zoom-Funktion auf den Zoomring legen, um klassische Festbrennweitenwerte direkt anzufahren. Die Zoomwippe am Auslöser kann dabei weiterhin zum stufenlosen Zoomen verwendet werden. Neben dem Zoomring gibt es auch einen Fokusring am Objektiv, der sich sehr gut bedienen lässt. Der Blendenring hingegen läuft ziemlich stramm und benötigt schon einige Kraft, um bewegt zu werden. Das verhindert versehentliches Verstellen, ist aber dennoch nicht schön zu bedienen. Videofilmer wird der Schiebeschalter freuen, der das Rasten des Blendenrings deaktiviert; dann dreht er auch etwas leichter. Dank des optischen Bildstabilisators ist das Fotografieren aus der Hand auch mit den langen Brennweiten kein Problem.

Die RX10 IV besitzt aber nicht nur am Objektiv viele Bedienelemente, sondern auch auf dem Kameragehäuse. Neben dem Programmwählrad gibt es ein recht fest rastendes Belichtungskorrekturrad auf der Kameraoberseite, das sicherlich nur vereinzelt versehentlich verstellt wird. Des Weiteren befinden sich zwei Daumenräder auf der Kamerarückseite, jedoch leider kein Zeigefingerrad auf der Vorderseite. Von den zahlreichen Tasten sind viele frei belegbar und entsprechend mit C1, C2 und C3 beschriftet beziehungsweise im Falle des Vierwegewählers gar nicht beschriftet. Die Tasten sind durchaus sinnvoll vorbelegt. Schade aber, dass es für keine "echte" ISO-Taste gereicht hat, hierfür muss eine der Funktionstasten herhalten.

Ein Druck auf die Fn-Taste bringt einen ins Schnellmenü, das ebenfalls konfigurierbar ist. Das Hauptmenü sieht aus wie bei jeder Sony. Das bedeutet eine Gliederung in sechs Hauptgruppen mit nummerierten Registerkarten als Untermenüs. Je nach Kategorie sind das eine bis vierzehn Registerkarten. Dies lässt schon erahnen, wie viele Einstellungen die RX10 IV erlaubt, das erfordert allerdings auch ein gewisses Maß an Einarbeitung. Jedenfalls lassen sich die Menüs ohne lästiges vertikales Scrollen schnell durchforsten. Gegenüber der RX10 III gibt es damit eine leichte Änderungen in den Menüs. Die sechste Kategorie ist übrigens ein Mein-Menü, in das sich auf bis zu fünf Registerkarten jeweils sechs Menüpunkte aus einer großen Auswahl von Menüpunkten hinzufügen lassen. Das erleichtert das Auffinden favorisierter Einstellungen, die sich nicht auf eine Taste oder ins Fn-Menü legen lassen beziehungsweise dort keinen Platz mehr fanden.

Auf der Oberseite besitzt die Sony ein Statusdisplay, das Auskunft über viele eingestellte Aufnahmeparameter, den Akkustand oder etwa die Restbildzahl gibt. Auf Knopfdruck lässt es sich sogar beleuchten, die Tasten hingegen leider nicht. Der rückwärtige Bildschirm misst rund 7,5 Zentimeter in der Diagonale und löst mit 1,44 Millionen Bildpunkten leicht höher auf als beim Vorgängermodell. Die Bildschirmhelligkeit lässt sich auf über 1.000 cd/m² hochregeln, was eine gute Ablesbarkeit auch bei Sonnenlicht gewährleistet. Zudem handelt es sich nun endlich um einen Touchscreen. Verwendet wird diese Funktionalität jedoch lediglich für eine Touch-AF-Funktion. Weder lassen sich die Menüs bedienen, noch können in der Wiedergabe per Touch durch Bilder geblättert oder diese vergrößert werden. Wie schon beim Vorgängermodell lässt sich das Display nach oben und unten klappen, was eine bequeme Handhabung bei bodennahen oder Über-Kopf-Perspektiven ermöglicht.

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Wie es sich für eine Bridgekamera gehört, ist auch ein elektronischer Sucher verbaut. Typisch für ein OLED flimmert das Display in hellen Bereichen leicht, sofern man es überhaupt wahrnimmt. Die Auflösung ist mit 2,36 Millionen Bildpunkten hoch. Dank der 0,7-fachen Vergrößerung (verglichen mit Kleinbild) braucht sich dieser Sucher durchaus nicht hinter DSLRs zu verstecken. Aufgrund der 23 Millimeter großen Austrittspupille können sogar Brillenträger den Sucher recht gut verwenden, ein wenig muss man ihn aber schon an die Brille pressen, um von links bis rechts das gesamte Bild ohne Abschattungen überblicken zu können. Der Näherungssensor aktiviert den Sucher auf Wunsch automatisch und auch an eine Dioptrienkorrektur hat Sony gedacht. Im Livebild auf dem Monitor oder im Sucher lassen sich allerlei Aufnahmeinfos und Hilfen einblenden, etwa verschiedene Gittermuster, eine 3D-Wasserwaage oder ein Livehistogramm. Wer möchte, nutzt den Monitor alternativ als reine Statusanzeige.

Auch an Schnittstellen mangelt es der RX10 IV nicht. Das Fernauslösegewinde im Auslöser mag etwas anachronistisch anmuten und passt nicht so sehr zu dieser durch und durch modernen Kamera, aber mancher Fotograf wird sicher seine Freude daran haben, den alten mechanischen Fernauslöser aus Opas Zeiten aus der Schublade zu kramen. Auf der linken Gehäuseseite befinden sich vier Schnittstellen. Neben dem Mikrofoneingang gibt es auch einen Kopfhörerausgang, eine Micro-HDMI-Schnittstelle sowie eine Micro-USB-Schnittstelle. Über letztere wird übrigens der wechselbare Lithium-Ionen-Akku geladen. Das ist einerseits praktisch, kann aber auch lästig sein, da das Laden des Akkus die Kamera blockiert. Unterwegs mit einer Powerbank lässt sich jedoch der Akku auch mal zwischendurch schnell fernab einer Steckdose nachladen.

Der Lithium-Ionen-Akku wird auf der Kameraunterseite entnommen. Zwar soll er nach CIPA-Standard für 400 Fotos bei Monitorbetrieb (das sind 20 Bilder weniger als beim Vorgängermodell, vermutlich aufgrund des höher auflösenden und damit etwas stromhungrigeren Displays) beziehungsweise 370 Aufnahmen bei Sucherverwendung reichen, bei eingeschalteter Kamera jedoch entlädt sich der Akku recht schnell, man sollte also die Stromsparfunktionen nutzen oder die Kamera ganz ausschalten, wenn man nicht fotografiert. Letzteres ist mit der über zwei Sekunden langen Einschaltzeit allerdings etwas lästig. Wer möchte, kann die RX10 IV aber auch über einen entsprechenden Akkufach-Adapter mit Strom aus einem Netzteil versorgen. Das Metallstativgewinde sitzt übrigens in der optischen Achse, allerdings äußerst weit hinten, was die Kamera auf dem Stativ recht kopflastig macht. Der Akku jedenfalls bleibt aufgrund der großen Kamera auch auf dem Stativ entnehmbar. Die SD-Speicherkarte (wahlweise auch MemoryStick möglich) wird in einem eigenen Fach seitlich entnommen, was äußerst bequem ist.

Ausstattung

Die Sony RX10 IV will ein breites Nutzerspektrum abdecken. Vom Automatikknipser über den ambitionierten Fotografen, der gerne selbst die Belichtung regelt, bis hin zum Videografen, egal ob gelegentliche Clips oder weitreichendere Camcorderfunktionen gefragt sind. Sogar Highspeedvideos nimmt die Sony auf. Dank des Programmwählrads kann schnell zwischen den entsprechenden Aufnahmefunktionen gewechselt werden, die klassischen Belichtungsprogramme P, A, S und M dürfen dabei natürlich nicht fehlen. Zusätzlich können gleich drei Aufnahmekonfigurationen abgespeichert und schnell abgerufen werden, sogar das Speichern und Abrufen via Datei ist möglich. An Sonderfunktionen hat die RX10 IV etwa eine HDR-Aufnahmefunktion oder die bei Sony zum Standard gehörende Schwenkpanoramafunktion zu bieten.

Des Weiteren kann der Fotograf Einfluss auf die Bildeinstellungen nehmen und diverse Filterfunktionen aktivieren. Im Wiedergabemodus hingegen sind die Bearbeitungsmöglichkeiten äußerst eingeschränkt. So lassen sich Bilder lediglich beschneiden, drehen oder eine Ausschnittsvergrößerung durchführen. Die bei früheren Modellen zum Einsatz gekommenen Kamera-Apps zur Erweiterung des Funktionsumfangs wurden ersatzlos gestrichen.

Das mächtige Zoomobjektiv deckt nicht nur einen großen Brennweitenbereich ab, sondern auch einen großen Fokusbereich. Besonders deutlich wird dies am langen Brennweitenende, denn trotz der enormen Brennweite von 600 Millimeter entsprechend Kleinbild erlaubt die RX10 IV einen Mindestaufnahmeabstand von 72 Zentimetern. Dies ermöglicht Telemakroaufnahmen mit ausreichend Abstand zum Motiv. Etwa 6,5 mal 4,3 Zentimeter kleine Motive lassen sich damit formatfüllend abbilden, das entspricht einem kleinbildäquivalenten Abbildungsmaßstab von fast 1:2. Die lange Brennweite ist aber auch der Haken an der Sache, denn am besten nutzt man die Telemakrofunktion aufgrund der erhöhten Verwackelungsgefahr trotz des Bildstabilisators vom Stativ. Für Makroliebhaber ist die RX10 IV aber ein echter Tipp.

Fortsetzung auf Seite 2

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