2021-10-14 Ortlieb ist bekannt für seine wasserdichten Fahrradtaschen, die allerdings überwiegend fest verbaute Halterungen an den Fahrrädern (Lenkertaschenhalterung, Gepäckträger, Lowrider) benötigen. Eine Ausnahme bildet die Bikepacking-Serie von Ortlieb, bei der die Taschen zumeist mit Klettgurten am Fahrrad befestigt werden. Das Handlebar-Pack QR ist die erste Lenkertasche der Bikepacking-Serie, die mit Seilen an Lenker und Vorbau fixiert wird, dadurch stabil in Position bleibt und von oben beladen werden kann. Zudem passt das optionale Camera-Insert von Ortlieb hinein. In diesem Test berichten wir von unseren Praxiserfahrungen mit der Kombination auf mehreren Radtouren. (Benjamin Kirchheim)
Der Transport der Kameraausrüstung mit dem Fahrrad bietet einige Vorteile. Man kommt einigermaßen schnell und ohne viel tragen zu müssen an Orte, die mit dem Auto nicht und zu Fuß nur mit langen Märschen erreichbar sind. Zudem lassen sich dabei zwei Frischluft-Hobbies miteinander verbinden. Wenn man auch noch zeltet, sind es mit Radfahren, Camping und Fotografieren sogar drei Hobbies, die der Testredakteur Benjamin Kirchheim privat betreibt. Daher wirft er von Zeit zu Zeit einen Blick auf Zubehör, mit dem sich das Radfahren mit dem Fotografieren kombinieren lässt.
Das Ortlieb Handlebar-Pack QR besitzt einen wasser- und staubdichten Rollverschluss. Dieser wird dreimal eingerollt und mit dem orangen Gurt fixiert. [Foto: Ortlieb]
Dank der universellen, fest mit der Tasche verbundenen Halterung lässt sich das Ortlieb Handlebar-Pack QR werkzeuglos am Fahrradlenker fixieren. [Foto: Ortlieb]
Zur Fixierung des Ortlieb Handlebar-Pack QR werden die längenverstellbaren Seile um Lenker und Vorbau geschlungen. [Foto: Ortlieb]
Auf der Vorder- beziehungsweise Unterseite besitzt das Ortlieb Handlebar-Pack QR zwei zusätzliche Kompressionsgurte, mit denen sich aber auch sperrigere Gegenstände befestigen lassen. Die Gurte können abgenommen werden, wenn man sie nicht benötigt. [Foto: Ortlieb]
Das Ortlieb Handlebar-Pack QR besitzt eine rundliche Form und ist auf der Rück- und Unterseite versteift. Immerhin elf Liter Fassungsvermögen bietet die Lenkertasche. [Foto: Ortlieb]
Das Ortlieb Handlebar-Pack QR besitzt keinerlei Innentaschen. Nur zwei Gurte erlauben es, die Ladung etwas zu verzurren. [Foto: Ortlieb]
Die Kunststofflasche (oben) der Ortlieb Handlebar-Pack QR hilft beim Einrollen des Rollverschlusses. Ursprünglich war sie deutlich breiter, so dass sie sich exakt dreimal rollen ließ, wurde aber der Variabilität wegen in der Breite um die Hälfte gekürzt. [Foto: MediaNord]
Das Ortlieb Handlebar-Pack QR kam im Sommer 2021 als Neuheit auf den Markt und weckte als universelle, großvolumige und leichte Lenkertasche, die keinen fest am Fahrrad montierten Halter benötigt, unsere Aufmerksamkeit. Im Gegensatz zu den normalen Lenkertaschen muss kein Halter am Fahrrad verschraubt werden, der entweder ständig montiert bleiben muss oder nach dessen Demontage zumeist das verschraubte Halteseil nicht wiederverwendet werden kann, so dass man für jede längere Tour, bei der die Lenkertasche erneut zum Einsatz kommt, ein neues Halteseil benötigt. Zudem ist es möglich, die Tasche auch an verschiedenen Fahrrädern zu nutzen.
Bei einem Gewicht von gerade einmal 535 Gramm bietet das Ortlieb Handlebar-Pack QR bei einer Breite von ca. 28, einer Tiefe von ca. 18 und einer Höhe von ca. 22 Zentimetern ein Volumen von elf Litern. Zudem lassen sich außen an der Tasche weitere Dinge verstauen. Nur die maximale Zuladung von fünf Kilogramm schränkt die Staufähigkeiten etwas ein. Tatsächlich neigt sich die Tasche bei Überladung immer weiter nach unten, so fest ist die leichte Konstruktion aus dünnem, aber abriebfestem Nylongewebe, das innen nur hinten und unten mit Kunststoff verstärkt ist, dann auch wieder nicht. Zudem befindet sich das Gewicht oben am Lenker, was sich negativ auf die Fahreigenschaften auswirkt, sofern man es mit der Zuladung übertreibt.
Außen bietet das Ortlieb Handlebar-Pack QR zwei seitliche Netztaschen, in denen sich Getränke oder Snacks verstauen lassen. Da das Testfahrrad über keine Getränkehalter verfügt, ist das ein äußerst praktischer Aspekt. Auch während der Fahrt kommt man gut an seine Getränke, wenngleich das Verstauen während der Fahrt etwas Übung erfordert.
Die Tasche selbst besteht aus wasserdicht verschweißtem Stoff und besitzt einen klassischen Rollverschluss, dessen Enden jedoch nicht wie bei den Gepäcktaschen nach dem Einrollen zusammengesteckt werden. Stattdessen sichert ein oranger, längenverstellbarer Gurt die Rolle. Der Rollverschluss muss mindestens dreimal eingerollt werden, wobei eine halbe Umdrehung, also einmal umschlagen, einmal einrollen entspricht. Dreimal gerollt soll der Verschluss laut Ortlieb wasser- und staubdicht sein. Das gilt jedoch nur für die Verwendung über Wasser, denn 100 Prozent luftdicht ist zumindest der Verschluss des Handlebar-Pack QR nicht, untertauchen sollte man die Tasche also keinesfalls. Bei diversen, auch längeren Regengüssen ist bei unserem Test jedoch keinerlei Wasser ins Innere gelangt.
Der Testredakteur hat sich die Tasche übrigens für eigene Zwecke selbst gekauft (das Camera-Insert wurde hingegen genauso wie das Inner Pocket von Ortlieb "gestiftet"). Gleich nach dem ersten Ausprobieren wurde eine kleine Modifikation am Rollverschluss durchgeführt. Dieser besitzt bei der Handlebar-Pack QR nämlich eine im Vergleich zu den Packtaschen sehr breite Kunststofflasche, die beim Einrollen helfen soll. Die Breite hat Ortlieb so gewählt, dass man sie maximal genau dreimal einrollen kann. Jedoch führt das auch zu einem weniger variablen Volumen. Kurzerhand wurde die Lasche mit einer scharfen, stabilen Schere um die Hälfte in der Breite gekürzt (siehe Foto). Dadurch lässt sich der Verschluss noch öfter einrollen und ist dann noch dichter, oder aber die Tasche bietet bei Bedarf etwas mehr Volumen, um beispielsweine noch eine Jacke hineinzustopfen.
Befestigung am Lenker
Das Kürzel "QR" im Produktnamen steht für Quick Release, also Schnellverschluss. Hierbei handelt es sich um eine Neuentwicklung, die von Ortlieb "Bar-Lock" getauft wurde. Statt einer festen Halterung, die mit Drahtseilen am Lenker und Vorbau verzurrt und verschraubt ist, kommen Halteseile zum Einsatz. Dabei handelt es sich nicht um irgendwelche billigen Leinen, sondern hochfestes Dyneema, das sich auch unter Last so gut wie nicht längt.
Das Ortlieb Handlebar-Pack QR wird mit zwei Seilen um den Vorbau am Lenker gesichert. Das obere grau-schwarze Seil trägt die Last, während das untere schwarze Seil für Gegenzug sorgt. [Foto: Benjamin Kirchheim]
Zum Abnehmen des Ortlieb Handlebar-Pack QR muss zuerst die Verriegelung des unteren Bands gelöst werden. [Foto: MediaNord]
Zum Abnehmen des Ortlieb Handlebar-Pack QR muss die Verriegelung nach dem Lösen ausgehakt werden, was bei einer nagelneuen Tasche etwas schwer geht und Übung braucht. [Foto: MediaNord]
Als letztes dreht man die Tasche nach oben und kann das obere Band aushaken. Bei der Montage geht man in umgekehrter Reihenfolge vor. [Foto: Benjamin Kirchheim]
In die Klemmverschlüsse des Ortlieb Handlebar-Pack QR lässt sich ein vier Millimeter großer Inbus-Schlüssel (nicht im Lieferumfang) einhaken, um diese leichter wieder lösen zu können, wenn sie nach vielen Kilometern festsitzen. [Foto: MediaNord]
Die Bewegung des Ortlieb Handlebar-Pack QR führt zu Lackabrieb am Fahrradlenker und bei Berührung auch am Vorbau des Fahrrads. Wir würden die Verwendung daher nur an polierten Lenkern empfehlen, sofern einen dieser Abrieb stört. [Foto: Benjamin Kirchheim]
Beim Bar-Lock kommen zwei separate Haltseile zum Einsatz, die farblich kennzeichnet sind. Eines ist grau-schwarz und das andere schwarz. Das grau-schwarze Seil besitzt eine fest vernähte Schlaufe und trägt die Last. Es wird über den Lenker und unter dem Vorbau hindurch gefädelt und oben am Bar-Lock eingehängt. Über einen Klemmverschluss lässt sich die Länge regulieren. Bei der allerersten Befestigung sollte man das Seil ruhig so kurz wählen, dass die Tasche um gut 30-45 Grad (Ortlieb empfiehlt 30 Grad, bei uns waren eher 45 Grad optimal) nach oben steht, aber so, dass sich das Seil noch knapp einhaken lässt, wenn man die Tasche senkrecht nach oben dreht, denn dabei wird das Seil entlastet.
Der Klemmverschluss sollte so fest wie möglich zugedreht werden. Gerade nach der ersten Befestigung gibt die Halterung noch etwas nach, weil sich erst alles in Form ziehen und die Klemmung richtig greifen muss. Wir mussten zudem nach ein paar Fahrten die Klemmung lösen und das Seil etwas weiter durchziehen. In die Klemmverschlüsse lässt sich übrigens ein vier Millimeter großer Inbus-Schlüssel einhaken, um diese leichter wieder lösen zu können, wenn sie nach vielen Kilometern so richtig festsitzen.
Darüber hinaus haben wir in der Praxis festgestellt, dass sich das grau-schwarze Seil bei Regen doch gerne etwas längt und beim Trocknen etwas zurück schrumpft. Auch bei stärkerer Beladung neigt sich die Tasche weiter nach unten als bei leichter. Man sollte also immer etwas Luft nach unten lassen.
Damit die Tasche nicht von alleine nach oben "hüpfen" kann, sorgt das schwarze Seil für den entsprechenden Gegenzug. Dieses wird von unten um den Lenker oben über den Vorbau und wieder nach unten um den Lenker geführt. Am Ende befindet sich ein Plastikverschluss, der eingehakt wird und anschließend auf Spannung geklappt werden muss. Auch dieses Seil besitzt einen Klemmverschluss, um es auf die richtige Länge einstellen zu können.
Zum Lösen des Handlebar-Pack QR vom Lenker muss nur der untere Verschluss geöffnet und ausgehakt werden. Anschließend dreht man die Tasche etwas nach oben und hakt das grau-schwarze Seil aus. Bei wenig Platz unterm Lenker (etwa bei einer Doppelbrückengabel wie in unserem Fall) und wenn die Tasche ganz neu ist, gestaltet sich das Aushaken des Plastikverschlusses etwas fummelig, mit der Zeit geht es jedoch besser. Am besten lässt sich das Befestigen und Lösen in einem Video von Ortlieb ab Sekunde 50 nachvollziehen:
Video-How-To von Ortlieb zur Befestigung des Handlebar-Pack QR
Die Bar-Lock-Halterung hat sich in der Praxis auf mehreren Radtouren auch in etwas rauerem Gelände als sehr robust erwiesen. Für sportliche Sprünge ist sie aber nicht geeignet, vor allem nicht bei voller Beladung. Zudem führt die nicht zu hundert Prozent feste Halterung zu Reibung an den Auflagepunkten am Lenker. In unserem Fall hat sich nach gut 1.000 Kilometern die Farbe am Lenker abgerieben. Lackschutzaufkleber sind leider keine Abhilfe, da diese nicht abriebfest genug sind. Am besten eignet sich vermutlich ein Lenker aus poliertem Metall.