Lichtstarke Festbrennweite (nicht nur) für Astrofotografen
Sigma 20 mm F1.4 DG DN Art im Test
2022-08-30 Das im August 2022 vom japanischen Objektivhersteller Sigma vorgestellte 20 mm F1.4 DG DN Art besitzt Ausstattungsmerkmale, die speziell für Astrofotografen implementiert wurden. Das lichtstarke Ultra-Weitwinkel ist für spiegellose Vollformatkameras vorgesehen und mit Sony-E-Bajonett beziehungsweise L-Mount erhältlich. Was das etwa 640 Gramm schwere Objektiv neben dem "Wärmedecken"-Stopper, dem Fokus-Sperrschalter und der hohen Lichtstärke von F1,4 noch zu bieten hat, haben wir im Testlabor und der Praxis herausgefunden. (Harm-Diercks Gronewold)
Sigma 20 mm F1.4 DG DN Art. [Foto: Sigma]
Verarbeitung und Ergonomie
Das Sigma 20 mm F1.4 DG DN Art bietet einen Bildwinkel von fast 95 Grad diagonal, was bei einer Lichtstärke von F1,4 eine gehörig große Frontlinse erfordert. Diese misst beim 20 mm F1.4 DG DN Art gut sechs Zentimeter im Durchmesser und ist außerdem ziemlich stark gewölbt.
Ein Filtergewinde ist trotzdem vorhanden, ist aber mit 82 Millimetern Durchmesser ziemlich üppig. Das ist aber auch erforderlich, denn immerhin darf ein aufgeschraubter Filter nicht in den Bildwinkel hineinragen, um dort zusätzliche Abschattungen zu produzieren. Das schafft das Objektiv nämlich schon ganz allein, doch dazu später mehr im Abschnitt Bildqualität. Beim Fokussieren bewegt sich das Filtergewinde nicht mit, ideal also für drehbare Filter wie Polarisationsfilter. Am oberen Ende des Objektivs ist außerdem noch ein Außenbajonett untergebracht, an dem die zum Lieferumfang gehörende Streulichtblende befestigt werden kann.
Wer keine Lust auf Rundfilter hat, der kann Filterfolien einsetzen. Diese werden auf der Rückseite (Bajonettseite) des Objektivs in einen entsprechenden Halter geschoben. Damit lassen sich sogar zwei Filter kombinieren, ein Glasfilter und eine Filterfolie. Sigma liefert zwar keine Filterfolien mit und hat auch keine Filterfolien im Sortiment. Man muss diese also selbst besorgen und zuschneiden. Immerhin gehört eine Schablone zum Lieferumfang des 20 mm F1.4 DG DN Art, so dass man die spezielle Form leicht anzeichnen und dann ausschneiden kann.
Das Gehäuse des 20 mm F1.4 DG DN Art besteht aus Metall und besitzt einen Spritzwasser- oder Staubschutz. Auch die obligatorische Gummilippe am Metall-Objektivbajonett ist mit von der Partie. Das Objektiv ist, inklusive Bajonett, etwa zwölf Zentimeter lang und wiegt knapp 630 Gramm.
In der Seitenansicht sieht das 20 mm F1.4 DG DN Art etwas ungewöhnlich aus, da die Objektivfront mit etwa 88 Millimetern Durchmesser gut 14 Millimeter größer ist als der "Anfassbereich" des Objektivs. Zum einen liegt das an dem bereits erwähnten großen Filtergewinde und zum anderen war der größere Unterschied eine bewusste Designentscheidung, um den Einsatz von Mini-Heizdecken im fotografischen Sinn sicherer zu machen.
Zu den Problemen der Astrofotografie gehören beschlagene Frontlinsen. Diese treten auf, wenn sich die Kamera und das Objektiv bei Langzeitbelichtungen erwärmen. Die außen liegende Objektivlinse wird dann zu einer Kältebrücke und es kann sich Kondenswasser bilden. Um dem Vorzubeugen, legen Astrofotografen gerne Mini-Heizdecken um das Objektiv. Dabei besteht aber die Gefahr, dass die Heizdecke aus Versehen zu weit nach vorne geschoben wird und so in den Bildwinkel des Objektivs ragt. Genau das wird durch die im Durchmesser größere Objektivfront verhindert.
Das Sigma 20 mm F1.4 DG DN Art passt optisch gut zur Sony Alpha 7R III, der große Frontdurchmesser verhindert aber, dass die Kamera flach auf den Tisch gelegt werden kann. [Foto: MediaNord]
Dank des recht großen Gehäuses sind die zahlreichen Bedienelemente des 20 mm F1.4 DG DN Art üppig proportioniert. So besitzt das Objektiv einen 48 Millimeter breiten Fokusring mit 27 Millimeter breiter, geriffelter Gummierung. Zudem gibt es einen per Schalter auf Automatik verriegelbaren Blendenring. Dieser lässt sich darüber hinaus von fotografischer Blendeneinstellung mit Stufen auf stufenlose Blendeneinstellung für Videoaufzeichnungen umschalten, was sehr komfortabel ist.
Das Handling des Sigma 20 mm F1.4 DG DN Art ist exzellent, das liegt zum einen an den breiten und griffigen Ringen und zum anderen an den Bedienelementen, die es unnötig machen, das Kameramenü aufzurufen.
Weder der Fokus- noch der Blendenring arbeiten mit einer direkten Kopplung an die entsprechenden mechanischen Bauteile im Objektiv. Vielmehr liefern beide Ringe Signale an die Kameraelektronik, die daraufhin Signale an das Objektiv zurückgeben. Der Fokusring läuft sehr weich und leise, und der Blendenring hat differenzierbare Drittel-Stufen.
Die Fokussierung arbeitet nicht linear. Das bedeutet, dass der Drehwinkel nicht ausschlaggebend ist für den Fokusabstand, sondern die Geschwindigkeit, mit der der Ring gedreht wird. Das ist für fotografische Anwendungen sehr gut, für die Videografie eher nicht. Geändert werden kann das mit dem optionalen Lens Dock von Sigma. Mit dem Lens Dock lässt sich das Objektiv-Verhalten zudem noch weiter individualisieren.
Das 20 mm F1.4 DG DN Art bietet einen Fokus-Mindestabstand von etwa 200 Millimetern und bildet dabei ein Bildfeld von etwa 182 Millimetern Breite ab. Das entspricht einem Abbildungsmaßstab von etwa 1:5,1 oder einer 0,2-fachen Vergrößerung. Der Abstand zur Frontlinse beträgt dabei knapp 75 Millimeter, was schon für Abschattungen im Motiv sorgen kann, wenn das Licht ungünstig positioniert ist.
Doch das ist noch nicht alles, was das 20 mm F1.4 DG DN Art von Sigma an Bedienelementen zu bieten hat, denn es gibt neben einer über die Kamera konfigurierbaren Funktionstaste noch einen Umschalter zwischen Autofokus und manuellem Fokus. Mit einem weiteren kleinen Schalter lässt sich zudem der Fokusring bei der manuellen Fokussierung deaktivieren. Bevor man sich fragt, wozu das gut sein soll, erklären wir das schnell. Auch diese Funktion ist primär für die Astrofotografie vorgesehen. Denn wenn man die Fokus-Entfernung eingestellt hat, dann möchte man nicht versehentlich den Fokus wieder verstellen, wenn man zum Beispiel eine Wärmedecke oder ähnliches um das Objektiv schlingt. Hier kommt dann die Deaktivierung zum Einsatz.
Der üppige Fokusring des 20 mm F1.4 DG DN Art dominiert das zwölf Zentimeter lange Gehäuse des Objektivs. [Foto: MediaNord]
Als Fokus-"Atmen" bezeichnet man den Effekt, dass sich die Brennweite bei der Fokussierung leicht ändert. Dieser Effekt ist besonders für Videoaufzeichnungen mit statischer Kameraposition denkbar ungünstig. Dieser Effekt tritt beim 20 mm F1.4 DG DN Art leider sichtbar auf.
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