Lichtstarkes Reportage-Weitwinkel
Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art im Test
Seite 2 von 2, vom 2023-02-27 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln
Bildqualität
Im Inneren des Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art arbeiten 15 Linsen in elf Gruppen. Darunter befinden sich auch Linsen mit unterschiedlichen Brechindexen sowie zwei asphärische Linsen. Mit diesem Arsenal von optischem Know-How wird einer ganzen Reihe von Objektivfehlern wie Farbsäumen, Auflösungsabfall zum Bildrand, Verzeichnungen, Randabdunklung und sagittalen Reflexen am Bildrand zu Leibe gerückt. Verzeichnung und Farbsäume, die nicht optisch beseitigt werden, eliminieren in den meisten Fällen die Bildbearbeitung oder die Kamera schon bei der Aufnahme.
Die Randabdunklung des 35 mm F1.4 DG DN Art ist bei offener Blende mit einer Blendenstufe am höchsten, bei alle anderen Blendeneinstellungen zeigt sich die Randabdunklung gut (elektronisch) auskorrigiert und erreicht nur noch einen Wert von 0,6 EV. Auch bei der Korrektur von Farbsäumen zeigt sich die Kombination aus optischer und elektronischer Korrektur ausgesprochen effektiv. Lediglich bis Blende F2 können sich winzige Farbsäume an starken Kontrastkanten bemerkbar machen. In weniger drastischen Kontrasten gibt es keine Farbsäume zu sehen.
Das Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art bietet ein gutes Verhältnis zwischen Gewicht und Größe. Die Kombination liegt sehr gut in der Hand. [Foto: MediaNord]
Die Verzeichnung ist optisch eher mäßig korrigiert. Sie erreicht ab etwa 80 Prozent radialem Abstand von der Mitte ihr tonnenförmiges Maximum von 1,5 Prozent. Die elektronische Korrektur von Verzeichnungen ist seit einigen Jahren keine Hexerei mehr und kann entweder direkt in der Kamera bei der Aufnahme erledigt werden oder in der Nachbearbeitung am heimischen Computer. Der Nachteil an einer elektronischen Korrektur der Verzeichnung ist allerdings, dass sich das Transformieren des Bildes negativ auf die Randauflösung auswirkt.
Bei der Auflösung bei 50 Prozent Kontrast zeigt sich das Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art bei offener Blende mit etwa 47 Linienpaaren pro Millimeter (lp/mm) in der Bildmitte und 46 lp/mm am Bildrand nur mäßig auflösend (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Auch bei F2 verbessert sich das mit 60 lp/mm in der Bildmitte nur leicht. Erst bei Blende F2,8 wird es mit 77 lp/mm in der Mitte und 64 lp/mm am Bildrand interessanter. Ihren Zenit erreicht die Auflösung bei F5,6 mit knapp 90 lp/mm in der Bildmitte und einer Randauflösung von etwa 76 lp/mm. Oberhalb dieser Blende reduziert die Beugung die Auflösung in der Bildmitte und dem Bildrand, ohne dabei auf das Niveau der offenen Blende zurückzufallen.
Wer ein offenblendetaugliches 35mm-Objektiv mit F1,4 möchte, der muss zum Sony FE 35 mm 1.4 GM greifen. Das liefert bei offener Blende nämlich mit 100 lp/mm fast dieselbe Auflösung wie im Maximum bei F2,8 (102 lp/mm) (jeweils am 61-Megapixel-Sensor der Sony Alpha 7R IV, daher sind die absoluten Werte nicht 1:1 mit der 7R III vergleichbar). Allerdings kostet dieses Objektiv mit knapp 1.500 Euro auch doppelt so viel wie das Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art.
Den ausführlichen Labortest des Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art gibt es gegen ein kleines Entgelt hier auf digitalkamera.de. Im Test sind alle Messwerte und Diagramme mit Erläuterungen enthalten. Leser, die digitalkamera.de-Premium haben, können kostenlos auf den Labortest zugreifen.
Unser Labortest gibt allerdings keinen Aufschluss über drei künstlerische beziehungsweise praktische Aspekte des 35 mm F1.4 DG DN Art. Einer ist das Aussehen von Spitzlichtern im unscharfen Bildbereich vor und hinter der Schärfenebene. Dieses auch als Bokeh bezeichnete Aussehen hat keine klare Definition, aber es gibt Anhaltspunkte, wie es sich nicht förderlich auf den Bildeindruck auswirkt. Dazu gehört beispielsweise eine inhomogene Helligkeit der Lichtplättchen, Farbsäume oder eine "Zwiebelring"-Struktur in den Lichtplättchen.
Die Streulichtblende LH728-01 gehört zum Lieferumfang des Sigma 35 mm F1.4 DG DN. Sie bewahrt vor den ungünstigen Eigenschaften von Streulicht. [Foto: MediaNord]
Das Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art zeigt ein harmonisches, sehr weiches Bokeh mit ineinander verschmelzenden Farben. Im Vordergrund machen sich leider Zwiebelringe in Lichtplättchen bemerkbar. Im Hintergrund eher nicht. Zwiebelringe werden durch den Einsatz von asphärischen Linsen in der Objektivkonstruktion begünstigt. Davon besitzt das Objektiv immerhin zwei Stück.
Mit Streulicht kommt das 35 mm F1.4 DG DN Art trotz der großen Frontlinse gut zurecht. Es sind zwar Kontrastverluste bei sehr steil einfallendem Licht zu beobachten, aber diese sind nicht zu stark. Blendenflecke sind bei bestimmten Einfallswinkeln ebenfalls vorhanden. Diese sind dank sehr guter Vergütung und Reflexionsminderungen im Inneren des Gehäuses aber ebenfalls unauffällig. Bei einem bestimmten Lichteinfallswinkel produziert das Objektiv einen sehr hellen und störenden Reflex ins Bild. Glücklicherweise lässt er sich mit der Streulichtblende komplett vermeiden und tritt nur in einem sehr engen Einfallswinkel auf.
Der dritte Aspekt ist der Blendenstern. Dieser ist eigentlich ein Manko in der Objektivkonstruktion, wurde aber in den letzten Jahren als gewünschtes Stilmittel entdeckt. Er entsteht beim starken Schließen der Blende und der Aufnahme einer sehr hellen punktuellen Lichtquelle. Blendensterne werden durch die, wie es der Name schon vermuten lässt, Blende erzeugt. Im besten Fall hat der Blendenstern bei ungerader Lamellenzahl genau die doppelte Anzahl von Strahlen wie Blendenlamellen vorhanden sind, beim Testobjektiv wären es dann 22 Strahlen, da das Objektiv elf Blendenlamellen besitzt. Das Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art zeigt einen sehr schönen gleichmäßigen Stern und er lässt sich damit gut für kreative Arbeiten einsetzen.
Fazit
Das Sigma 35 mm F1.4 DG DN Art ist ein schönes Reportage-Weitwinkel mit hoher Lichtstärke, das mit eher mäßiger Auflösung bei offener Blende nicht ganz überzeugt. Glücklicherweise steigert sich die Auflösung bis F5,6 auf ein gutes Niveau. Der recht geringe Auflösungsverlust zum Bildrand ist dagegen sehr erfreulich. Doch auch abseits der Laborergebnisse gefiel uns das Objektiv vom Handling und der Ausstattung sowie dem im Großen und Ganzen schönen Bokeh.
Kurzbewertung
- Gut verarbeitetes Gehäuse mit Spritzwasserschutz
- Griffiger Fokusring
- Gute Auflösung bei F5,6
- Insgesamt schönes Bokeh
- Kunststoff-Filtergewinde
- Mäßige Auflösung bei offener Blende
- Zwiebelringe im Vordergrundbokeh