Lichtstarke Porträt-Festbrennweite
Testbericht: Viltrox AF 56 mm F1.4 STM
Seite 2 von 2, vom 2021-11-22, aktualisiert 2024-08-23 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln
Wir haben das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM mit der Fujifilm X-T4 getestet und dank eines Kamera-Firmware-Updates lässt sich das Verhalten der manuellen Fokussierung bei AF-Objektiven anpassen. Dadurch kann man eine lineare oder nicht-lineare Fokussierung benutzten. Bei der linearen Fokussierung ist es egal, wie schnell der Fokusring gedreht wird, der Fokusabstand ändert sich immer abhängig vom Drehwinkel und nicht der Drehgeschwindigkeit. Dieses Verhalten ist ideal für das ambitionierte Filmen geeignet.
Wie schon beim Viltrox AF 23 mm F1.4 STM ED IF besitzt auch das AF 56 mm F1.4 STM einen Micro-USB-Anschluss. [Foto: MediaNord]
Der nicht-lineare Fokus ändert den Fokusabstand in Abhängigkeit zur Drehgeschwindigkeit des Fokusrings. Schnelles Drehen bedeutet, dass ein größerer Fokusunterschied erreicht werden kann als bei einer langsamen Drehung; vorausgesetzt natürlich, der Drehwinkel ist identisch. Diese Fokusvariante wird besonders von Fotografen geschätzt, da man nicht “ewig” am Ring rumkurbeln muss, wenn man beispielsweise ein sich bewegendes Objekt manuell im Fokus halten will.
An der Sony Alpha 6700 arbeitet die Fokussierung dagegen immer linear, so dass der Drehwinkel entscheidet, welcher Fokusabstand überbrückt wird. Wie Schnell man den Fokusring dreht, hat darauf keinen Einfluss.
Am Anschlussbajonett besitzt das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM eine Micro-USB-Schnittstelle, um Firmwareupdates auf das Objektiv übertragen zu können. Die Schnittstelle sitzt direkt im Bajonett, was ziemlich pfiffig ist, denn immerhin wird die Schnittstelle so vor mechanischer Belastung und bei Nichtgebrauch vor Dreck geschützt.
Bildqualität
Mit viel Vorfreude sind wir an den Bokehtest gegangen, weil wir gespannt waren, ob das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM in diesem für Porträtobjektive kritischen Bereich seine Sache gut macht. Das Kunstwort Bokeh bezeichnet nicht nur die Darstellung von Unschärfe, sondern auch die von Lichtplättchen vor beziehungsweise hinter der Schärfeebene. Als gutes Bokeh gelten homogen beleuchtete Plättchen ohne Helligkeitssaum und ineinander fließende Details für eine samtige Unschärfe. Das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM zeigt ein schön homogenes Bokeh im Vorder- und auch Hintergrund, das sich sehr gut für Porträts einsetzen lässt. Leider zeigen sich leichte Helligkeitssäume beim Test an der X-T4, die den positiven Eindruck etwas trüben. Beim Test an der Alpha 6700 waren die Lichtplättchen sehr homogen und zeigten lediglich eine Farbsaum bei offener Blende.
Mit dem Viltrox AF 54 mm F1.4 STM konnten wir an der Sony Alpha 6700 ab 63,5 cm fokussieren und damit eine minimale Bildbreite von 23 cm aufnehmen, was einem Abbildungsmaßstab von 1:9,7 entspricht. [Foto: MediaNord]
Beim Streulicht zeigt das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM nahezu die gleichen Probleme wie das AF 23 mm F1.4 STM ED IF. Der Kontrastverlust bei Streu- und Gegenlicht ist sehr hoch. Die Lichtquelle muss nicht mal im Bild sein und schon ist "Feierabend". Bei offener Blende ist so gut wie nichts mehr zu sehen. Wird die Blende geschlossen, so ist der Kontrastverlust zwar geringer, aber immer noch nicht gut. Blendenflecke gibt es obendrauf, außerdem sind diese nicht sonderlich schön anzusehen. Dieses Verhalten lässt sich auf schlechten bis gar keinen Reflexionsschutz im Gehäuseinneren zurückführen. Wirklich Schade, dass auf diesen extrem kritischen Bereich offenbar nicht viel Wert gelegt wurde bei der Konstruktion des Objektivs.
Im Labortest musste das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM beweisen, was es mit seinen elf Linsen in zehn Gruppen leistet. Der Hersteller verzichtet dabei auf asphärische Linsen, nicht aber auf Spezialglas mit geringer Dispersion und anomalem Brechindex. Die Auflösung erreicht bei 50 Prozent Kontrast an der 26 Megapixel auflösenden Fujifilm X-T4 in der Bildmitte bei F4 ihr Maximum von knapp 63 Linienpaare pro Millimeter (lp/mm) im Kleinbildäquivalent. Zum Bildrand fällt die Auflösung auf knapp 47 lp/mm ab, was einem Randverlust von 26 Prozent entspricht. Damit ist die maximale Auflösung gut, der Randabfall aber für eine gute Festbrennweite etwas hoch.
Bei F5,6 hingegen beträgt die Auflösung in der Bildmitte knapp 62 lp/mm und fällt zum Bildrand nur um sieben Prozent auf 57 lp/mm ab. Damit ist die Blende zu empfehlen, wenn eine hohe Auflösung von der Bildmitte bis zum Bildrand gewünscht wird. Bei offener Blende schafft das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM immerhin stabile 53 lp/mm in der Bildmitte und am Rand knapp 38 lp/mm, was einem Randabfall von etwa 30 Prozent entspricht. Bei F2 bis F2,8 sackt die Auflösung auf 40 und 45 lp/mm in der Bildmitte ab bei einem Randabfall von 12 und 13 Prozent.
Die Streulichtproblematik beim Viltrox AF 56 mm F1.4 Sony E-Mount ist nicht nur störend weil sie großflächig ist, sondern weil sie nur Teile des Bildfeldes betrifft. [Foto: MediaNord]
Mit Streulichtblende sind die störenden Reflexe komplett verschwunden. [Foto: MediaNord]
Die Messung an der 26 Megapixel auflösenden Sony Alpha 6700 hat bei F5,6 die höchste Auflösung ergeben. Diese liegt bei 54 Linienpaaren pro mm (lp/mm) in der Bildmitte ermittelt und sie fällt zum Bildrand um etwa 17 Prozent. Damit landet die Randauflösung bei 45 lp/mm. Bei offener Blende liegt die Auflösung bei etwa 35 lp/mm in der Mitte und am Rand bei knapp 25 lp/mm, also ein Verlust von 30 Prozent.
Farbsäume werden von F2 bis F16 sauber auskorrigiert, lediglich von F1,4 bis F2 sind sie leicht sichtbar (siehe Diagramm aus dem Labortest unten). Dafür gibt es bei der Randabdunklung nichts zu meckern, sie beträgt maximal 0,3 Blendenstufen (EV) bei offener Blende. Beim Schließen der Blende reduziert sich die Randabdunklung sogar auf 0,2 EV und ab F5,6 auf 0,1 EV. Die Verzeichnung zeigt eine Kissenform von maximal etwas mehr als einem Prozent. Das ist weniger schön, da man die Kissenform leichter wahrnimmt als die Tonnenform. Immerhin die Verzeichnung erst ab 80 Prozent radialem Abstand stärker bemerkbar.
Fazit
Das Viltrox AF 56 mm F1.4 STM lässt bei der Verarbeitung seine Muskeln spielen. Der Fokusring läuft sauber und das Objektiv macht einen wertigen und robusten Eindruck. Mechanisch ist nur der Blendenring mit seiner leichten Geräuschentwicklung auffällig. Glücklicherweise ist der Autofokus leise und ziemlich flott. Die optische Qualität ist im Labor in Ordnung und auch das Bokeh überzeugt in der Praxis, zumindest im Großen und Ganzen. Der leichte Helligkeitssaum bei sehr hellen Lichtplättchen ist zwar vorhanden (X-T4), ob er aber störend ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Was den guten Eindruck allerdings stört, ist die hohe Streulichtempfindlichkeit, die zum Teil einen massiven Kontrastverlust mit sich bringt. Zudem sind die Blendenflecke ziemlich unschön. Setzt man das Für und Wieder in Bezug zum Preis, kann man allerdings nicht viel Meckerei betreiben. Immerhin gibt es eine Porträtbrennweite mit Autofokus und sehr hoher Lichtstärke für nur 300 Euro.
Kurzbewertung
- Solide Verarbeitung
- Flotter und leiser Autofokus
- Breiter Fokusring
- Etwas abgeblendet sehr hohe Auflösung (X-T4)
- Sehr hohe Streulichtempfindlichkeit
- Geräuschentwicklung beim Blendenring
- Sichtbare Verzeichnung
Im digitalkamera.de-Testlabor werden mit Hilfe der Software Analyzer von DXOMARK verschiedene Bildqualitätsparameter gemessen. Der Labortest mit klar gestalteten und leicht verständlichen Diagrammen, Erklärungstexten in Form einer ausführlichen PDF-Datei zum Download kostet je nach Umfang 0,49 bis 1,49 EUR im Einzelabruf für eine Kamera und 0,49 bis 0,69 EUR für ein Objektiv. Flatrates, die den Zugriff auf das gesamte Labortest-Archiv erlauben, sind ab 2,08 EUR pro Monat buchbar. Eine Flatrate hat keine automatische Verlängerung und wird im Voraus für einen festen Zeitraum gebucht und bezahlt.