Im Vergleich zu anderen Lehrbüchern oder Ratgebern zur Fotografie liest sich dieses Buch spannend. Dies liegt nicht nur an dem kurzweiligen Schreibstil von Martin Sigrist. Faszinierend ist vor allen Dingen die Idee, die dem Buch zugrunde lag: Fotograf Matthias Stolt und Autor Martin Sigrist veranstalteten einen einwöchigen Workshop zur Erotik-Fotografie auf Mallorca, an dem sechs erfahrene Amateurfotografen teilnahmen. Die dabei gesammelten Erfahrungen verarbeitete der Autor zu diesem Buch mit dem passenden Titel "Erotik-Workshop live". Dessen Texte sind nicht nur mit den Fotos der Kursleiter, sondern auch mit zahlreichen gelungenen Fotografien der sechs Workshop-Teilnehmer illustriert.
Zunächst vermittelt das Buch das nötige Basiswissen. Was gehört in die Ausrüstung? Wie findet man ein Modell und die geeigneten Locations? Als erotische Fotografie verstehen die beiden Kursleiter nicht ausschließlich Aufnahmen unbekleideter Modelle – Accessoires und ein Hauch von Kleidung sind durchaus erlaubt und erwünscht. Es kommt halt auf die erotische Ausstrahlung des fertigen Bildes an. Die richtige Kulisse für derartige Aufnahmen lieferte unter anderem eine großzügige Finca, in der Workshop-Teilnehmer ihre Fotos im Freien sowie im improvisierten Studio aufnehmen konnten – begleitet von Martin Sigrist, der die Aufnahmesituationen dokumentiert und die Erfahrungen der Teilnehmer in Wort und Bild fasst. Nach grundlegenden Hinweisen zur Bildgestaltung unterteilen sich die folgenden Praxiskapitel in "Outdoor" und "Indoor". Beide enthalten zahlreiche praktische Hinweise, die ambitionierten Amateurfotografen den Einstieg in die Erotik-Fotografie erleichtern und schließen mit nützlichen Checklisten ab, die helfen, Leerläufe und Frust zu vermeiden.
Der Autor geht auf relevante fotografische Grundlagen kurz ein (ohne auszuschweifen) und alle Fachbegriffe sind gut erklärt. Den im Zusammenhang mit Lichtquellen erwähnten, bei Videokameras angeblich "eingebaute ein- und ausschwenkbare Blaufilter" verzeiht man da gerne (gemeint ist eigentlich der rein elektronisch arbeitende automatische Weißabgleich). Dieses Beispiel zeigt allerdings, dass sich der Autor mit modernster Elektronik offenbar nicht recht wohl fühlt. Vielleicht deshalb kommt auch die Digitalfotografie etwas zu kurz (obwohl einer der Teilnehmer digital fotografierte). So weist der Autor zwar an zahlreichen Stellen auf die Notwendigkeit hin, Lichtführung, Kameraeinstellung und Pose mit einem Polaroid-Sofortbild zu überprüfen und das Ergebnis mit dem Modell zu besprechen. Die Möglichkeit einer sofortigen Betrachtung des Bildergebnisses auf dem eingebauten Monitor einer Digitalkamera oder (im Studio) auf einem angeschlossenen Fernsehgerät, wird jedoch ebenso wenig erwähnt wie die alternative Möglichkeit des Ausdrucks auf einem akkubetriebenen Fotodrucker.
Alle Kerninhalte des Buches sind jedoch unabhängig von der verwendeten Kameratechnik und beschreiben von der Suche der Location über die Lichtführung bis zur Arbeit mit dem Modell Wege zum gelungenen Erotik-Foto. Mit seinen zahlreichen interessanten Anregungen und Praxis-Tipps können wir "Erotik-Workshop live" deshalb jedem empfehlen, der sich praktisch mit der erotischen Fotografie beschäftigen möchte.