Vollformat-Systemkamera für Einsteiger

Testbericht: Canon EOS RP

Seite 2 von 5, vom 2019-04-03, aktualisiert 2023-12-08 (Autor: Harm-Diercks Gronewold)Zur Seite 1 wechseln

Ausstattung

Neben der manuellen und den halbautomatischen Betriebsarten gehört eine Motivautomatik, die sich in Abhängigkeit zum Motiv das passende Belichtungsprogramm auswählt, zur Ausstattung der Canon EOS RP. Wer sich nicht auf einer computerisierte Ermittlung des Bildmotivs verlassen möchte, der kann auch selber tätig werden und eins der zwölf verschiedenen Motivprogramme auswählen. Hier stehen die üblichen Verdächtigen wie Porträt, Nachtaufnahmen, Landschaft sowie Sport und einige mehr zur Verfügung.

Bei genauer Beobachtung findet sich sogar der aus der EOS R stammende FV-Modus. Dieser wird als flexible Automatik bezeichnet und ist kein gänzlich neues Konzept. Schon einige alte analoge Kameras hatten ähnliche Funktionen eingebaut. Die flexible Automatik ist grundsätzlich eine Programm-, Zeit- und Blendenautomatik sowie ein manueller Modus. Wie kann das gehen? Ganz einfach, der Fotograf kann sich entscheiden, die Einstellung für Blende, Zeit und ISO der Kamera zu überlassen. Möchte man aber beispielsweise eine bestimmte Verschlusszeit einstellen, dann muss der Fotograf entweder mit dem hinteren Drehrad zum entsprechenden Eintrag navigieren oder tippt einfach auf das entsprechende Kontrollfeld auf dem Touchscreen. Schon arbeitet die Kamera in der Blendenautomatik. Genau so funktioniert dann der Wechsel zur Zeitautomatik oder dem komplett manuellen Modus. Dieses Konzept ist so denkbar einfach und gelungen, dass wir uns beim Test gar nicht mehr um die Umschaltung zwischen den Halbautomaten gekümmert haben, sondern nur die flexible Automatik eingesetzt haben.

Fast schon Tradition bei digitalen Kameras von Canon haben die Bildstile. Das sind "Arbeitsanweisungen" an den Bildprozessor, wie Bilder bei der Aufnahme zu verarbeiten sind. Es gibt insgesamt acht voreingestellte Bildstile, wie beispielsweise für Schwarzweiß-Aufnahmen, Porträts und Landschaft. Aber auch eine Automatik ist mit von der Partie sowie drei Speicherplätze für eigene Einstellungen. Jede der Voreinstellungen kann individuell über verschiedene Parameter wie Kontrast, Farbe und Helligkeit angepasst werden. Zudem kann der Grad der Nachschärfung über die Stärke, die Schwelle und die Feinheit angepasst werden, um so noch besser differenzierte Bildergebnisse zu erhalten. Die Bildstile sind allerdings nur relevant für JPEG-Aufnahmen. Rohdaten sind davon natürlich gänzlich ausgenommen.

Beim Autofokus setzt Canon auf ein Dual-Pixel-System, was deutlich schneller ist, als herkömmliche reine Kontrast-Autofokussysteme. Dank der 4.779 Messpunkte ist das überwiegende Bildfeld ausmessbar. Der Fokuspunkt kann, dank der Touchscreen-Integration, leicht auf dem Bildfeld verschoben werden. Zudem lassen sich verschiedene Charakteristiken von Messfeld-Kombinationen wählen. Hinzu kommen weitere Funktionen wie Gesichtswiedererkennung, Augenerkennung und eine Zielverfolgung mit manueller Zielwahl. Bei der Autofokus- und Auslösegeschwindigkeit liegt die EOS RP fast auf dem gleichen Niveau wie ihre größere Schwester EOS R. Mit Einer Autofokus-Auslösegeschwindigkeit im Weitwinkel von etwa 0,26 Sekunden und im Telebereich von 0,35 Sekunden und einer Auslöseverzögerung von etwa 0,07 Sekunden gehört die Kamera zu den flotteren Vollformat-Zeitgenossen.

Im Gegensatz zum großen Bruder EOS R besitzt die EOS RP eine sehr komfortable Fokusreihenfunktion (Fokusstacking). Dabei nimmt die Kamera Bilder in Folge auf und verschiebt den Fokus jedes mal ein Stückchen. Am Ende der Aufnahmereihe rechnet die Kamera die Bilder intern zusammen und präsentiert ein Bild mit einem erhöhten Schärfenbereich. Zudem werden alle Einzelaufnahmen gespeichert, falls der Fotograf ein eigenes Fokusstacking durchführen möchte. Der Fotograf kann bei der Aktivierung der Funktion den Fokusabstand und die Anzahl der Aufnahmen auf maximal 999 festsetzen. Auch die Intervall-Funktion ist ähnlich leicht erreichbar und komfortabel einzustellen. Sie bietet ein bis unbegrenzte Aufnahmen im Intervall von einer Sekunde bis 99 Stunden 59 Minuten und 59 Sekunden.

Die Video-Funktion bietet dem Fotografen ausreichende Möglichkeiten, um Videoaufzeichnungen durchzuführen. Die maximale Videoauflösung beträgt 4K (3.840 x 2.160) mit 25 Bildern pro Sekunde. Eine höhere Bildwechselfrequenz von etwa 60 Bildern pro Sekunde erreicht die Kamera nur bei FullHD-Aufnahmen (1.920 x 1.080). Die Aufnahmezeit ist bei jeder Videogröße auf etwa 30 Minuten beschränkt. Zusätzlich zu einem vorhandenen optischen Bildstabilisator im Objektiv kann ein digitaler Bildstabilisator hinzugeschaltet werden. Ansonsten stehen dem Fotografen Picturestyles, verschiedene Autofokusmessmethoden wie die Gesichtsverfolgung zur Verfügung.

Zu beachten ist jedoch der stark eingeschränkte 4K-Videomodus. Die Kamera cropt dann etwa 1,6-fach (was beim Adaptieren von APS-C-Objektiven aber ganz praktisch sein kann) und auch der Autofokus muss auf den Dual-Pixel-Modus und viele damit zusammenhängende Modi verzichten, es kommt bei 4K-Aufnahmen ein reiner und nicht so zuverlässiger und schneller Kontrastautofokus zum Einsatz.

Des Weiteren kann bei Videoaufnahmen die Kopfhörerlautstärke angepasst werden. Um die Aussteuerung zu ändern, muss der Fotograf hingegen wieder das Kameramenü öffnen und zur entsprechenden Einstellung navigieren. Eine direkte Aussteuerung über das Quick-Menü (Q) ist nicht vorgesehen. Neben der vollautomatischen Aufnahme steht noch ein manueller Modus zur Verfügung, in dem die Blende und Zeit für die Videoaufzeichnung eingestellt werden kann. Der ebenfalls verfügbare HDR-Videomodus ist im Funktionsumfang eingeschränkt und bietet nahezu keine Eingriffsmöglichkeiten für den Fotografen. Auch die Auflösung ist im HDR-Video-Modus auf 1.080p30 beschränkt.

Für Videos und auch Serienbilder sind die Speichergeschwindigkeit der Kamera und auch der Speicherkarte ausschlaggebend. Wir haben eine maximale Speichergeschwindigkeit von etwa 153 Megabyte pro Sekunde gemessen. Die Serienbildgeschwindigkeit beträgt etwa 4,7 Bilder pro Sekunde und dabei ist es unerheblich, ob Raw- oder JPEG-Aufnahmen gemacht werden, da die EOS RP wie ein Uhrwerk eine Aufnahme nach der anderen macht und auf die Speicherkarte "schaufelt”. Lediglich die Kombination Raw und JPEG lässt die Kamera im Dauerlauf manchmal kurz innehalten, um dann sofort wieder die Arbeit aufzunehmen. Eine Speicherkarte mit rund 160 Megabyte Schreibgeschwindigkeit sollte schnell genug arbeiten, um Videos und auch Serienbilder in höchster Qualität speichern zu können.

Während der Wiedergabe von Bildern bieten einige Kameras von den einfachen Funktionen des Beschnitts bis zu Beautyretuschen und Spezialeffekte viele Möglichkeiten an. Die EOS RP bietet sowas hingegen nicht, zumindest keine Spezialeffekte und eine Bildbearbeitung ist nur für Rohdatenaufnahmen vorhanden. Diese gestaltet sich als nicht allzu kompliziert und besitzt einige Voreinstellungen. Allerdings sind die Änderungen nicht in Echtzeit zu sehen, sondern müssen vom Fotografen bestätigt werden. Das so editierte Bild wird dann als neue Datei im JPEG-Format gespeichert. Eine Änderung der Bildgröße und eine Beschnittfunktion stehen hingegen bei jeder Bilddatei zur Verfügung.

Wie jede moderne Kamera mit gehobener Ausstattung ist auch die Canon EOS RP mit Drahtlosfunktionen ausgestattet. Dazu stehen vier Optionen zur Verfügung. Eine besteht darin, Bilder per WLAN zu einem Drucker zu senden, um sie dort ausdrucken zu lassen. Eine weitere Option lädt die Bilder direkt in die Canon Irista Cloud hoch (siehe weiterführende Links). Dabei ist zu beachten, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Testberichts 15 Gigabyte Speicher kostenlos sind und zusätzlicher Speicher hinzugekauft werden muss.

Eine weitere Option erlaubt es, die Kamera mit einem Computer über ein vorhandenes Netzwerk zu verbinden. Voraussetzung dafür ist, dass das die Software EOS Utility auf dem Rechner installiert ist. Damit können dann Bilder und Videos übertragen werden. Auch das Fernauslösen der Kamera ist möglich. Natürlich lässt sich die Kamera auch problemlos über die kostenlose Canon Remote App mit einem Smartgerät (Tablet oder Smartphone mit Android oder iOS) verbinden. Dabei nutzt die Kamera entweder die Bluetooth-Funktion wenn wenige Daten übertragen werden sollen, wie zum Beispiel bei der Übertragung der Positionsdaten. Wenn es um mehr Daten geht, wie zum Beispiel dem Einsatz der Live-View-Fernbedienung, dann kommt die weniger energiesparende WLAN-Funktion zum Einsatz. Die Kopplung der Kamera mit der kostenlosen App gestaltet sich sehr einfach und selbsterklärend. Die App ist übersichtlich und logisch aufgebaut, und damit recht einfach zu handhaben.

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